Teil 2: Erste Experimente
Fangen wir mal gaaanz einfach an und fahren mit einem 10m-Empfänger durch die Gegend. Neben einem
passenden Empfänger, etwa einem QRP-Gerät wie einem FT-817, brauchen wir eine Magnetfußantenne aus dem
CB-Bereich.
Eine Mobilantenne für 10m
Im CB-Funk-Handel gibt es Magnetfußantennen in reicher Auswahl. Je kürzer diese Antennen sind, um so
geringer ist ihr Wirkungsgrad und um so geringer sind zulässige Sendeleistung und Bandbreite.
Zu stark verkürzt sollte die Antenne also nicht sein, denn das 10m-Band ist relativ breit und wir müssen
die Antenne ja nochmal abschneiden. Im Extremfall ist schon die Verkürzugsspule alleine auf 10m in Resonanz :-)
Eine 11m-Magnetfußantenne mit einer Originallänge von 1 m oder etwas mehr ist eine sinnvolle
Ausgangsbasis.
Solche Antennen werden regelmäßig mit unhaltbaren Werbeaussagen wie funktioniert wie eine 5/8
beworben, das ist natürlich Unfug: Eine 5/8 λ für 11m ist um die 7 m lang –
da beißt die Maus keinen Faden ab. Wichtigste Aussage ist die zulässige Sendeleistung:
Wenn nur 10 W zulässig sind, kann es mit der Güte der Verkürzungsspulen nicht weit her sein.
Außerdem wollen wir vielleicht mal später mit 100 W, oder was der Autohersteller zulässt,
auf die Antenne drauf...
Auch auf den mechanischen Aufbau sollte man achten: Der Anschluss des Koaxkabels sollte vergossen sein. Sonst
säuft das Kabel nach dem ersten Regenguss ab – notfalls muss Plastikspray ran. Weniger Probleme sollte es mit
der Haftkraft Magnetfußes geben: Wenn sich der Strahler um 90 Grad biegen lässt, ohne dass der Fuß vom Dach
fliegt, sollte auch die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn kein Problem sein. Für die ersten Versuche kann
man die Antenne ja so aufs Dach setzen, dass das Antennenkabel im Notfall an der Radioantenne hängen bleibt.
Schließlich muss die Antenne noch gekürzt werden, damit sie auf 10m ein sinnvolles SWR bietet.
Bewährt zum Kürzen des Federstahls hat sich übrigens eine PUK-Säge, während übliche Seitenschneider die
Prozedur nicht überleben.
Empfangsseitig ist die genaue Resonanzfrequenz weniger wichtig – der Antennenwirkungsgrad spielt ja keine
wesentliche Rolle, wenn man das Bakenband abhören will. Das SWR kann man also allein nach dem gewünschten
Sendebereich einstellen. Wenn ein vernünftiges SWR nur für ein paar 100 kHz möglich ist, wird mal hier
wohl 28,5 MHz wählen. Wenn die Antenne über 1 MHz hinweg ein sinnvolles SWR anbietet, bietet sich
29,1 MHz als Mittenfrequenz an. Dann ist sowohl SSB-Betrieb um 28,5 MHz als auch Relaisbetrieb
auf 29,6 MHz möglich. Allerdings: Wenn eine stark verkürzte Antenne eine solche Bandbreite hat,
kann es mit ihrem Wirkungsgrad nicht weit her sein – die Verlustwiderstände sind es, die das SWR breitbandig
machen. Der Strahlungswiderstand kann es nicht sein...
Die optimale Position auf dem Autodach muss (und kann man mit dem Magnetfuß) ausprobieren. Oft beeinflussen
sich die Antennen gegenseitig. Für eine Radio-, eine 2m/70cm-Antenne und noch einen Stab für 10m sind die
meisten Autodächer eigentlich zu klein. Womöglich hilft eine UHF/VHF-Antenne, die angeblich ohne
Gegengewicht/Radials auskommt. Die kann man dann eher an den Rand des Dachs setzen, während
Groundplane-Artiges auf den Entzug des allseitigen Blechs schnell grantig reagiert.
EInes sollte von Anfang an klar sein: Bei einem PKW sind die Erdungsverhältnisse für eine Kurzwellenantenne
alles andere als optimal und der Magnetfuß ohne galvanische Verbindung zum Autoblech verschärft das Problem
weiter. Auf 10m ist da alles noch beherrschbar, weil die Antenne noch nicht so extrem verkürzt ist wie
weiter unten und folglich der Strahlungswiderstand noch leidlich sinnvolle Werte hat. Dafür hat die
Koppelkapazität vom Magnetfuß zum Blech wegen der hohen Frequenz noch eine leidlich niedrige Impedanz. Wer auf
Dauer vom Auto aus Kurzwellenbetrieb machen will, kommt um wenigstens ein Loch im Auto nicht herum.
Die Minimalanforderungen an die Empfangsanlage
Viele Funkgeräte sind heute sehr kompakt und lassen sich aus dem Auto-Bordnetz betreiben. Als erstes sollte
man sich mit der Bedienung so intensiv vertraut machen, dass man das Gerät blind betreiben kann. Auch
Fernsteuermikrofone sind da ganz praktisch.
Wir reden hier von einem Hobby. Das rechtfertig es nicht, unnötige Gefahren im Straßenverkehr zu riskieren.
Sorgen Sie also dafür, dass Sie während der Fahrt nicht durch den Funk abgelenkt werden: Befestigen Sie das
Funkgerät, damit es nicht durch de Gegend rutschen kann. Fummeln Sie unterwegs
nicht am Funkgerät rum oder wühlen Sie sich nicht durch irgendwelche Menüs durch. Die Abstimmung sollte sich
blind bedienen lassen und mehr Knöpfe als die PTT am Mikrofon sollten Sie unterwegs nicht betätigen.
Auch mit Speicherkanälten kann man die Bedienung unterwegs vereinfachen.
Naturgemäß habe ich keine Erfahrung mit Scannern – was will ich auf einem Amateurfunkband, wenn ich nicht
mitquasseln kann? Es mag aber sein, dass es Scanner mit hinreichender Empfindlichkeit und Bandbreite,
Antennenanschluss, SSB usw. gibt. Kurzwellenempfänger für den Rundfunkempfang eignen sich dagegen selten für unsere Versuche.
Meine ersten Versuche habe ich mit einem FT-817 gemacht. In SSB mit 5 W
habe ich damit auch ein paar QSOs über die Raumwelle gefahren. Relais über die Bodenwelle erwiesen sich als ein
anderes Thema. Mehr dazu später.
Erste Empfangsversuche
Für die ersten Versuche ist die Empfangsfrequenz erst mal sekundär – es geht darum, was man nicht
empfangen will: Die Autoelektrik. Auf 2m und höher sind Zündung & Co kein wesentliches Problem – da
müssen die Autohersteller schon wegen des UKW-Empfangs mit dem Autoradio etwas tun. Der deutlichste Störer auf
2m ist bei mir das Autoradio, wenn es Mittelwelle empfängt, weil es dann einen 9-kHz-Gartenzaun erzeugt.
Der koppelt von der Radio- auf die 2m-Antenne.
Entstörung
Wenn einem der Lautsprecher entgegenspringt, sobald der Motor läuft, ist erst mal Entstören angesagt.
Das Kabel vom Zigarettenanzünder zum Empfänger ist der erste Verdächtige. Diese Quelle lässt sich abprüfen,
wenn der Empfänger eigene Batterien hat: Raus mit dem Saftkabel! Wenn dann Ruhe ist, sind die üblichen
Entstörmaßnahmen aus Ferrit an der Stromversorgung fällig.
Bleibt, das Antennenkabel am Strahlen (bzw. Empfangen) zu hindern. Das erreicht man, indem man die
Mantelwellen (unsymmetrische Ströme im Kabel) unterdrückt. Auch hier bieten sich wieder
Ferritbauteile an, wohl am ehesten in Form von Klappferriten. Auch kann man das Koaxkabel zu einer Drossel
aufwickeln – z.B. fünf Windungen mit gut 10 cm Durchmesser, eng mit Kabelbindern zusammengebunden.
Enger sollte man RG-58U auf keinen Fall zusammenrollen.
Wenn das alles noch nicht reicht, sind Maßnahmen am Auto fällig – etwa Massebänder zwischen Motorhaube und
Chassis. Hier ist äußerste Zurückhaltung beim Eigenbau angesagt, sollen die Typzulassung des Autos und
seine Zuverlässigkeit nicht gefährdet werden. Vielleicht findet man über CB-Funker eine Werkstatt,
die hier Erfahrung hat. Die sauberste Lösung ist, direkt von der Batterie bis zum Funkgeräte dicke
Strippen legen zu lassen. Das sollte man aber wirklich einen Fachmann machen lassen!
Die ersten Nutzsignale empfangen
Bei ausgeschaltetem Motor kann man jetzt die ersten Empfangsversuche machen. In der Tiefgarage wird
das wohl nichts werden, sehr wohl aber auf dem nicht mehr überdachten, obersten Parkdeck eines Parkhauses.
Der Stahlbeton unter dem Auto liefert eine vergleichsweise gute Erde, mit der das Auto kapazitiv verbunden
ist.
Also einfach mal über's Band drehen, vor allem über den Bakenbereich (28,17 ... 28,33 MHz).
Auch das obere Ende des 10m-Bereichs sollte man nicht vergessen: Zwischen 29,5 und 29,7 MHz ist
FM-Betrieb erlaubt. Hier wird ein 10-kHz-Raster benutzt, 29,600 MHz ist die Anruffrequenz.
Die vier Relaisausgaben sind 29,660 ... 29,690 MHz. Die Eingabefrequenzen sind 100 kHz tiefer,
ohne dass die Funkgeräte das generell unterstützten. Typischer Einsatzfall für Speicherkanäle.
Viele 10m-Baken sind vorzugsweise für regionale Empfangsversuche gedacht, entsprechend gering ist die
Sendeleistung. Aber für 50 km sollten sie trotzdem gut sein. Also in der Suchmaschine des eigenen
Vertrauens nach Bakenliste suchen...
Wenn beim besten Willen nichts zu hören ist, hilft nur noch ein besserer Standort. Genau deshalb empfehle ich
den Einstieg über eine Mobilstation.
Bodeneffekt und Fresnelzone
Die meisten Antennen strahlen auch den Boden an – anders ist das nur bei stark bündelnden Antennen in
großer Höhe. Das werden wir auf 10m kaum je erreichen. Auf Kurzwelle ist der Bodeneffekt in vielen
Fällen erwünscht, weil er für die Raumstrahlung zusätzlichen Gewinn verspricht. Mancher EME-Anfänger empfängt
seine ersten Reflexionen vom Mond kurz nach Mondauf- oder vor Monduntergang, wenn sich der Mond am Boden
spiegelt. Der Bodeneffekt biegt die Strahlungskeule jeder Antenne nach oben und da wollen wir sie bei
Bodenwellen-Betrieb eben nicht hin haben.
Es gibt zwei Möglichkeiten, den Bodeneffekt zu bekämpfen:
- Wir benutzen Antennen, die von sich aus ganz flach strahlen wollen und den Boden möglichst wenig
beleuchten. Dazu kann man z.B. mehrere 5-Element-Fullsize-Beams übereinander stocken.
Der Kampf für so eine Antenne beginnt aber bei der Gemeindeverwaltung, denn ohne Baugenehmigung
geht da nichts mehr. Aber drei Beams übereinander, in einer 35 m hohen Konstruktion, machen
auf dem Wochenend-Grundstück schon was her...
- Wir nutzen das vorhandene Gelände. Schon wieder ein Grund, mit dem Funkgerät ins Grüne zu fahren.
Kriterium für eine ungestörte Funkverbindung ist eine freie 1. Fresnelzone. Unter der 1. Fresnelzone
versteht man das Volumen zwischen Sender und Gegenstation, in dem der Umweg einer reflektierten Wellenfront
kleiner oder gleich einer Wellenlänge ist. Die Gegenstation ist in unserem Fall der Horizont. Wir
brauchen also zwischen uns und dem Horizont ein Tal. Zudem sollten wir uns unmittelbar an den Abhang stellen.
Die zugehörige Mathematik kommt später.
Wie sehr Bodeneffekt bzw. Hindernisse in der Fresnelzone (Boden!) den Empfang behindern, kann man relativ
leicht ausprobieren, gerade von Auto aus:
- Auf der A9 zwischen Nürnberg und München, südlich der
Anschlussstelle Altmühltal, liegt der Kindinger Berg (Ansicht bei Google Maps). Hier steigt die Autobahn aus dem Tal auf
die Albhochfläche. Während der Fahrt auf die Hochfläche hinauf gibt es einen Punkt (A), an dem DL0IGI auf
28,205 MHz recht stark zu empfangen ist – stärker als weiter oben (B), wenn die Autobahn auf die
Hochfäche kommt. Die Ursache dafür ist ganz offensichtlich, dass es bei A rechts (nach Westen) über
50 m steil abwärts geht, die 1. Fresnelzone also plötzlich frei wird. Die Bake kommt etwa
aus 60° rechts von der Fahrtrichtung. Unter dem Profil steht der entsprechende (lineare) Pegel.
Wer mit dieser Aufnahme etwas spielen will, kann sie gerne als WAV-Datei(6MB) bekommen.
- Auf der A6 zwischen Heilbronn und Nürnberg, westlich von Crailsheim, gibt es mehrere hohe
Talbrücken. Dort taucht DL0IGI immer wieder aus dem Rauschen auf – aber nur auf der Brücke, nicht vorher
und nicht hinterher. Leider funktioniert der Effekt kaum auf der höchsten dieser Brücken, der
Kochertalbrücke. Die ist mit hohen Zäunen versehen.
Diese Effekte haben nichts mit Geländeformationen am oder hinter dem Horizont zu tun, das lässt sich in
beiden Fällen mit Hilfe einer guten Karte mit Höhenlinien nachvollziehen. Die fehlende Bodenreflexion
lässt die Strahlungskeule der Antenne absinken, die so in der Horizontalen mehr Gewinn hat.
Das kann durchaus 20 dB ausmachen.
Wie nutzen wir diesen Effekt? Indem wir uns einen Hang mit dem Abfall in die richtige Richtung suchen.
Sich einfach möglichst hoch hinzustellen ist also nur ein Teil der Miete.
Weiter zu Betrieb auf dem 10m-Amateurfunkband über die Bodenwelle (3): Was ist eigentlich Bodenwelle?
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