Teil 1: Eine kleine Einführung
Wir befinden uns im Sonnenflecken-Minimum. Das bedeutet, dass auf den höchsten
Amateurfunk-Kurzwellenbändern nur selten konventioneller Betrieb über die Raumwelle möglich ist.
Wer sich aber etwas intensiver mit dem 10m-Band beschäftigt, wird dort durchaus Signale entdecken.
Die Eigenheiten des 10m-Amateurfunkbandes im Sonnenflecken-Minimum
Das 10m-Amateurfunkband ist ein Zwitter zwischen Kurzwelle und den höheren
VHF/UHF-Bändern. Abhängig vom elfjährigen Sonnenfleckenzyklus wirkt die Ionosphäre mal mehr und mal weniger
als Reflektor. Im Sonnenflecken-Minimum wie gegenwärtig ist Betrieb über Reflexionen an der Ionosphäre
("Raumwelle") nur sporadisch möglich. So ist es meist sehr ruhig in diesem Band. Aber längst nicht so ruhig wie
im VHF/UHF-Bereich, was zu einigen technischen Besonderheiten führt. Wer also von oben kommt, muss an
einigen Stellen etwas umdenken.
Nur sehr wenige Funkamateure können auf Kurzwelle mit Richtantennen arbeiten. Antennengebilde mit sinnvollen
Abstrahlcharakteristiken und Wirkungsgraden sind für die meisten OMs auf den gegenwärtig nutzbaren
Kurzwellenbändern nur schwer zu errichten: Ein 20m-Beam hat einen Drehradius von wenigstens 5 m – auf einem
typischen Reihenhaus-Dach kriegt man solch ein Gebilde nur mit Zustimmung des Nachbarn unter.
Wenn überhaupt, dann gibt es solche Möglichkeiten für die allerhöchsten Bänder, vor allem 10m. Dort hat man
zusätzlich den Vorteil, dass man für Experimente auf billiges Material aus dem CB-Funk-Bereich zurückgreifen
kann. Hier steht allerdings bewusst billig und nicht preiswert, denn mit der Qualität ist es
gewöhnlich nicht weit her. Aber da steht ja auch Experimente...
Der Einstieg für 20 EUR
Wer etwas in das 10m-Band hineinriechen will, sollte sein QRP-Gerät mal ins Auto packen und sich eine
Magnetfußantenne aus dem CB-Funk auf das Dach kleben. Je nach Standort wird man damit eines der
relativ wenigen 10m-Relais und die eine oder andere Bake hören.
Warum ich diesen Einstieg empfehle? Er ist einfach, billig und vielseitig:
- Auf dem Heimweg vom QRL erwischt man vielleicht mal eine Bandöffnung. Und schon hat man sein erstes
Mobil-QSO auf Kurzwelle gefahren. Zudem gibt es hier weniger Störungen als auf den niedrigeren Bändern,
das Aufnehmen erfordert also weniger Aufmerksamkeit – im fahrenden Auto eine Voraussetzung.
- Man bekommt ein Gefühl dafür, was in der eigenen Umgebung auf 10m läuft.
- Das eine oder andere Aha-Erlebnis wird beeinflussen, wie im QTH die 10m-Ausrüstung aussehen wird.
Ein 10W-Sender lässt sich noch problemlos aus dem Zigarettenanzünder mit Strom versorgen. Die größten Probleme
ergeben sich aus der Kratzergefahr auf dem Dach durch die Magnetfußantenne und die elektrischen Störungen aus
der Fahrzeugelektronik. Auf 10m ist das aber alles noch beherrschbar.
Atmosphärisches Rauschen und Empfängerempfindlichkeit
Das Satellitenfernsehen im heutigen Stil gibt es nur, weil es extrem rauscharme Vorverstärker für 10 GHz
gibt. Ursprünglich waren die Übertragungsparameter der Fernsehsatelliten für Kabel-Kopfstationen gedacht, die
wenigstens 2-m-Schüsseln benutzen.
Auch für 70cm und 2m werden extrem rauscharme Vorverstärker angeboten.
Wirklich sinnvoll sind sie spätestens auf 2m nur für EME-Betrieb. Denn nur wenn man die Antenne auf den Himmel
richtet, kommt aus der Antenne so wenig Leistung, dass diese extrem rauscharmen Vorverstärker mit ihren
Nachteilen wie schlechter Großsignalfestigkeit sinnvoll sind. Bleibt als gewöhnliche Aufgabe des Vorverstärkers
nur, direkt am Mast die Kabeldämpfung bis zum Empfänger zu kompensieren. Schon Boden und Kabelverluste rauschen so stark,
dass das Rauschen moderner Vorverstärker dahinter verschwindet.
Ganz anders im Kurzwellenbereich: Jeder Funkamateur kennt den Effekt, dass der Empfänger viel lauter wird,
sobald man die Antenne einsteckt. Damit meine ich nicht den Effekt, der abends auf 40m passiert. Ich rede vom
atmosphärischen Geräusch, das aus den verschiedensten, meist natürlichen, Quellen stammt.
Die erste Konsequenz ist, dass die Empfängerempfindlichkeit keine wirkliche Rolle mehr spielt. Die meisten
Empfänger könnten allerdings etwas mehr Verstärkung im ZF-Pfad vertragen, damit man den Lautstärkeregler nicht
so weit aufreißen muss.
Das Rauschen führt auch dazu, dass empfangsseitig der Antennenwirkungsgrad kaum eine Rolle spielt.
Wie ich schon anlässlich einer
VHF/UHF-Mobilantenne bemerkte, unterscheidet sich eine gute Antenne von einer schlechten in
erster Linie durch ihre Richtcharakteristik. Sendeseitig soll die Antenne die Strahlung möglichst in die
Richtung der Kommunikationspartner abstrahlen, empfangsseitig Störungen aus möglichst vielen Richtungen
abschrmen.
"Beruhigende" Feststellung: Jedes fahrtaugliche Auto ist so klein, dass 10m-Antennen mit wirklicher
Richtwirkung nicht möglich sind. Schon eine λ/4 erhöht ein Auto bis in die Gegend der
Straßenbahn-Oberleitung. An eine vernünftige Groundplane kommt keine Mobilantenne heran, weil ein
ordnungsgemäßes Gegengewicht fehlt. Ein wesentlicher Teil der Sendeleistung wird also im Untergrund
unter dem Auto verheizt. Eine verkürzte Antenne macht sich aber empfangsseitig kaum negativ bemerkbar.
Der schlechte Antennenwirkungsgrad wirkt sich aber natürlich auf die Feldstärke bei der Gegenstation aus,
zumal man ja dort das atmosphärische Rauschen überbrüllen muss. In gewissen Grenzen hat ein Funkamateur
aber die Chance, eine handliche Antenne mit mehr Sendeleistung zu kompensieren. 100 W Sendeleistung
aus einem FT-857 oder so im Auto passen also recht gut zu z.B. 10...50 W Sendeleistung eines 10m-Relais.
Baken beobachten
Mit dem Suchbegriff "Bakenliste" findet man im Internet schnell eine aktuelle Liste automatischer Sender,
die ausdrücklich für Empfangsversuche gedacht sind. Davon gibt es gerade im 10m-Band eine ganze Menge, etwa
DL0IGI südwestlich von München auf 28,205 MHz. Man kann auch einfach mal auf Verdacht den Bereich
zwischen CW- und SSB-Band (vorzugsweise 28,170 ... 28,320 MHz) absuchen. Der größte Haken: Zum
Identifizieren der Baken braucht man elementare CW-Kenntnisse.
Auf der Bodenwelle haben 10m-Baken Reichweiten von 50 ... 150 km – bezogen auf Mobilstationen. Viele
Feststationen haben sogar größere Probleme als Mobilstationen, weil viele der Baken vertikal polarisiert sind.
Eine Groundplane eignet sich häufig besser als ein Beam.
Weiter zu Betrieb auf dem 10m-Amateurfunkband über die Bodenwelle (2): Erste Experimente
Literatur
- W. Fischer, D4SLD: Die 10-m-Sendungen vom Brocken (Harz) am 4. und 5. September 1937
- In: CQ Heft 12/1937, S. 177ff
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