Es gibt Gründe, Blei-Gel-Akkus nicht unmittelbar beim Verbraucher unterzubringen – speziell wenn man
diverse Akkus zusammen schaltet. Bei mir waren das vor allem zwei Gründe: Der Platz im Shack und die Temperaturen.
Mein Shack ist unter dem Dach. Die folgenden Überlegungen gelten auch nur für meinen Einsatzzweck: Ich will über
untypisch lange Zeiten recht niedrige Leistungen entnehmen. Schließlich geht es mir um Notfunk.
Ein paar grundsätzliche Überlegungen
Ein allgemeiner Grundsatz in der Chemie besagt, das eine Temperaturerhöhung um 10 K (Kelvin, Einheit für entweder
der absoluten Temperatur oder die Differenz von zwei Temperaturen in °C) die Geschwindigkeit einer chemische
Reaktionen verdoppelt. Ein Standort im Keller kann die Lebensdauer eines Akkus also durchaus um ein Jahr verlängern.
Eine allgemeine Beobachtung ist, dass die Differenz zwischen der Ladespannung und der Ruhespannung ohne Stromfluss
relativ groß ist – je nach Ladezustand 1-2 V. Schon minimale Ladeströme erhöhen die Klemmenspannung um 100 mV und mehr.
Das ermöglicht, unterschiedliche Blei-Gel-Akkus mit
unterschiedlicher Vergangenheit recht problemlos parallel zu schalten. Lade- und Entladeströme verteilen sich
von ganz alleine recht sinnvoll. Man kann also auch Akkus mit gleicher Nennspannung, aber stark unterschiedlicher
Kapazität parallel schalten. Bei mir kooperieren gebrauchte Akkus mit 24-110 Ah ganz zwanglos mit zwei
26-Ah-Akkus, die ich mal neu kaufte.
Die Hersteller geben praktisch immer zwei Ladeschlussspannungen an. Das sind typisch 13,8 V für Ladungserhaltung und
bis zu 1 V mehr als Ladeschlussspannung, wenn der Akku entladen wurde. Meine Erfahrung ist, dass bei konstantem
Ladestrom die Klemmenspannung recht langsam und gleichmäßig bis etwa 13,8 V ansteigt. Darüber steigt die
Klemmenspannung dann rasant an. Das gilt auch bei extrem niedrigen Ladeströmen, wie ich sie bei meinen Solarmodulen
sehr häufig habe: Da schicke ich 2,5 A in meine Akkusammlung, die nominell über 300 Ah Kapazität hat. Das Bild
ändert sich auch nicht wenn man annimmt, dass meine Akkus nur noch die Hälfte der Neukapazität haben.
Anders ausgedrückt: Ein Blei-Gel-Akku ist bei einem typischen I20-Ladestrom bis auf wenige Prozent voll,
wenn er eine Klemmenspannung von 13,8 V hat. Der ganze Aufwand für höhere Ladespannungen samt Temperaturkompensation
muss also andere Gründe haben. Dafür fand ich bislang nichts Belastbares. Meine Vermutung ist, dass es hier um
Schutzmaßnahmen gegen die Sulfatierung geht: Wenn man Blei-Akkus teilentladen stehen lässt, können Bleisulfat-Kristalle
entstehen. Das ist der dominierende Alterungsmechanismus von Blei-Akkus. Hochwertige Ladegeräte machen auch die
Dauer der Hochspannungsphasen davon abhängig, wie lange und wie tief der Akku entladen wurde.
Ein ganz anderes Thema ist die Serienschaltung von Blei-Gel-Akkus: Hier ist eine vergleichbare Kapazität sehr wichtig.
Denn sonst wird der schwächere Akku schnell sehr weit entladen, ohne dass das bei der Summenspannung wirklich
auffällt. Wer eine größere Anzahl von Akkus für eine höhere Systemspannung zusammenschalten will, sollte zwei
Gruppen mit möglichst gleicher Gesamtkapazität parallel schalten und diese beiden Gruppen dann in Serie.
Es ist eine gute Idee, die Spannungen beider Gruppen getrennt zu überwachen. Das gilt sowohl für das Laden als auch
für das Entladen.
In diesem Fall ist es auch besonders wichtig, die gesamte Batterie regelmäßig komplett aufzuladen, bis ins Gasen hinein:
Unterschiedliche Akkus haben unterschiedliche Selbstentladungsraten. Also müssen alle immer wieder mal komplett
aufgeladen werden.
Akkus ein paar Meter entfernt aufstellen
12-V-Systeme sind extrem niederohmig. 10 A erzeugen in einem Stück Leitung mit 0,1 Ω Widerstand schon 1 V
Spannungsabfall. Meine Leitung vom Shack in den Keller ist etwa 20 m lang und hat bei 4 mm2 Querschnitt
etwa 0,3 Ω. Da kommt schnell ein Spannungsabfall von 1 V zustande. Deshalb habe ich nicht alle Akkus in den
Keller verbannt; ein gebrauchter 30-Ah-Akku blieb im Shack. Der versorgt die Station mit einer relativ steifen
Spannung und wird bei Bedarf aus dem Keller nachgeladen. Dieses Nachladen wird um so stärker, je weiter der Akku
im Shack entladen wird. Ich nehme in Kauf, dass dieser eine Akku relativ stark belastet wird und den Verschleiß der
Akkus im Keller rediziert.
Beim Laden kann ich beobachten, dass recht schnell ein Großteil meines Ladestroms in den Keller fließt. Das ist auch
deshalb beruhigend, weil der 30-Ah-Akku im Shack nicht mehr als etwa 3 A Ladestrom bekommen sollte und mein
Solarregler auch mal 6-7 A liefert.
Irgendwann begrenzt aber die Ladeschlussspannung des Akkus im Shack den Ladestrom der Akkus im Keller: Recht bald
sinkt der Strom in den Keller unter 3 A. Dann regelt mein Solarregler ab, obwohl die Akkus im Keller noch eine
Menge Energie aufnehmen könnten. Nach obigen Überlegungen möchte ich die Akkus im Keller aber auch auf 14,6 V
aufladen. Das mache ich mit einem Schaltregler, den ich bislang noch manuell in die Leitung zum Keller einschleife.
Dieser Schaltregler macht aus der Spannung im Shack 15 V und begrenzt den Strom auf 2,5 A. Wenn der Strom unter 1 A
absinkt, nehme ich ihn wieder heraus. Ich habe ein paar Ideen, wie ich diese Eingriffe in Zukunft vermeiden kann,
aber das ist noch nicht spruchreif.
Erste Erfahrungen
Die beschriebene Kombination läuft jetzt seit ein paar Monaten. Seitdem haben meine UKW-Station und mein
HAMNET-Zugang keinen Netzstrom mehr gesehen.
Die meiste Solarenergie nutze ich aber für mein Notebook. Das hänge ich
erst ans Netzteil, wenn die Leerlaufspannung meiner Akkus unter 12,5 V sinkt. Das passiert aber nur, wenn über
mehrere Tage die Sonne kaum schien. Umgekehrt betrachtet: Eine Woche Notfunkbetrieb kann ich durchaus durchziehen.
Meine Erfahrung bestärkt mich in der Überzeugung, dass für die stationäre Notstromversorgung der meisten
Amateurfunkanlagen Blei-Gel-Akkus der optimale Energiespeicher sind: Auf die Nennkapazität bezogen sind sie mindestens
um den Faktor 4 billiger als jede Alternative. Wenn man im Normalfall nur ein Viertel ihrer Nennkapazität nutzt,
haben sie ebenfalls eine recht hohe Lebensdauer und bieten gerade im Notfall eine bedeutend größere Kapazität.
Wenn man bedenkt, dass man gebrauchte Blei-Gel-Akkus extrem billig bis kostenlos bekommen und häufig genug
regenerieren kann, sind sie konkurrenzlos.
Das ist nur dann anders, wenn Platz oder Gewicht von äußeren Randbedingungen begrenzt werden. In solchen Fällen
kann häufig die hier beschriebene Aufteilung helfen.
Auch Bedenken wegen des Umweltschutzes ändern diese Überlegungen kaum:
Für die ganzen neueren Akkutechniken gibt es bislang kaum Recycling-Möglichkeiten. Aus alten Bleibatterien werden
aber schon seit vielen Jahrzehnten wieder neue Bleibatterien. Zudem kann man häufig gebrauchte Bleiakkus bekommen.
Dann verursacht man überhaupt keine zusätzlichen Umweltbelastungen.
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