Wie versorgt man eine Kurzwellenstation im Auto mit Strom? Mit richtig dicken Strippen direkt
von der Batterie weg! Oder geht das vielleicht auch anders?
Mit 10 W wie im VHF/UHF-Bereich kommt man beim Sprechfunk auf Kurzwelle nicht weit, speziell mit einer
Mobilantenne, obwohl es selbst dafür im Internet Erfolgsmeldungen gibt.
Die Sendeleistung wird eher durch die Vorschriften der Autohersteller denn durch die
technischen Möglichkeiten begrenzt: Mehr als 100 W lässt wohl kein Autohersteller mehr zu. Es gibt
durchaus Erfahrungswerte – etwa dass die Steuerung eines Automatikgetriebes für einen älteren Golf bei
600 W Sendeleistung auf manchen Bändern aussteigt. Aber wehe, ein Airbag löst wegen zu hoher Feldstärken
aus...
Die Quintessenz ist eindeutig: Die Geräte der 100-W-Klasse sind das höchste der Gefühle. Die Stromversorgung
muss also gut 20 A liefern können. Sehen wir uns das Thema mal etwas genauer an.
- Einfach an die 12V-Steckdose kann man die Kurzwellenstation keinesfalls anschließen. Diese Steckdosen
sind zwar mit 20 oder 30 A abgesichert, aber der Innenwiderstand des Bordnetzes ist viel zu groß.
Ein 20W-Kanalfunkgerät zieht etwa 4 A, das führt zu mindestens 1 V Spannungsabfall.
Das geht gerade noch so.
- Nur wer auf Kurzwelle Dauerstrich-Betriebsarten nutzt, also FM oder CW, wird die 20 A oder so länger
als ein paar Millisekunden brauchen.
- Im Auto wird man aber vorzugsweise SSB machen. Die mittlere Stromaufnahme im Sendebetrieb liegt dann
wohl bei den meisten Transceivern im Bereich 5 A. Das hört sich doch schon viel ziviler an!
Die eigene Funkbatterie
Manche Funkamateure betreiben ihre Kurzwellenstation mit eigenen Batterien, die sie aus dem Bordnetz
nachladen. Das gilt z.B. als probates Mittel gegen Lichtmaschinengeräusche oder als Versicherung dafür, dass
man nach längerem Standmobil-Betrieb den Motor überhaupt noch an bekommt. Die Spezialisten sind sich
einig, dass das aber nur mit einer Einrichtung zur Spannungserhöhung funktioniert. Sonst bekommt man den
Zusatz-Akku nie voll, denn von der Fahrzeugbatterie her hat man immer ein paar Zehntel Volt Spannungsabfall.
Da wird es schwer, die Ladeschlussspannung eines Bleiakkus zu erreichen.
Das Thema Lichtmaschinengeräusche ist übrigens im Zeitalter der Drehstrom-Lichtmaschine keines mehr:
Meine Messungen an der 12V-Steckdose zeigen so typisch 200 mVss. Das kann wohl jedes Funkgerät
wegstecken. Oder wann haben Sie zuletzt eine Mobilstation mit Lichtmaschinengeräusch gehört? Ja, ich
habe mal welche produziert – aber aus ganz anderen Gründen.
Powercap
Mit einer neuen Idee bin ich jetzt zum Ziel gekommen – den pickligen Jünglingen mit ihren Stereoanlagen
im Auto sei Dank: Damit deren Bum-Bum auch wirklich drei Häuserblocks weit zu hören ist, brauchen sie
einen Kurzzeitspeicher. Denn mit den 20 A unserer Funkgeräte halten sich diese Stereoanlagen gar nicht
erst auf. Unter der Bezeichnung Powercap gibt es deshalb Kondesatoren von 1 F aufwärts mit
Innenwiderständen von ein paar mΩ. Ja –
das sind wirklich ganze "Faräder", nicht die sonst üblichen Millionstel, Milliardstel oder Billionstel davon.
Rechnen wir mal nach: Ein Kondensator hat eine Kapazität von 1 F, wenn sich seine Spannung bei einem
Ladestrom von 1 A pro Sekunde um 1 V erhöht – so sind die SI-Einheiten definiert. Wenn wir jetzt
für 1/10 s 10 A aus dem Kondensator entnehmen, dann sinkt seine Klemmenspannung nach der gleichen
Rechnung um 1 V. Damit sollte sich doch etwas anfangen lassen. Powercaps sind aber nicht unbedingt
pflegeleicht:
- Schließt man einen Powercap einfach mal an das Bordnetz an, fliegt jede Sicherung – schließlich will
das Schätzchen erst mal aufgeladen werden. Es soll teuere Versionen geben, die eine eigene Ladeschaltung
mitbringen. Das wäre aber zu einfach :-)
- Der Powercap sollte, wenn er durch den Hauptschalter ("Zündung") vom Bordnetz getrennt wird, auch nichts
zurückspeisen. Das ist schon nicht mehr so einfach zu verwirklichen. Da dachte ich lange über die Messsung
des Spannungsabfalls zwischen Stecker und Powercap und andere Möglichkeiten nach.
Unterwegs experimentierte ich mit Spannungswandlern und Zweitakkus – ohne wirklich überzeugende
Ergebnisse.
- Ein 5A-Aufwärts/Abwärtswandler hatte Probleme im Tripelpunkt Aufwärts/Abwärts/Strombegrenzung.
- Galvanisch trennende Wandler hätten z.B. den Vorteil, dass der Batteriestrom sicher nicht über den
Antennenfuß fließen will und so endlich saubere Masseverhältnisse möglich wären. Aber entsprechende
Spannungswandler sind für 10 A oder mehr kaum aufzutreiben und ein 7 Ah-Blei-Gel-Akku ist auch
kaum steifer als 12V-Steckdose.
Das bislang beste Ergebnis bringt die hier beschriebene, absolute low-tech-Lösung: Der Powercap und
zwei KFZ-Relais mit 20 A-Kontakten.
Was hier folgt, ist bewusst keine fertige Bauanleitung. Wer etwas Ahnung von der Materie hat, wird trotzdem
damit klar kommen, alle anderen sollten die Finger weglassen. Der Grund für meine Zurückhaltung ist einfach:
Wer beim Aufbau schludert, riskiert einen Kabelbrand – speziell im Auto. Die Starterbatterie
kann genügend Strom dafür liefern, dafür ist sie schließlich da. Also müssen genügend Sicherungen und
hinreichende Kabelquerschnitte benutzt werden, auch die Anschlusstechnik sollte man beherrschen.
Diese Schaltung eignet sich vorzugsweise für 12V-Steckdosen, die nicht mit dem Zündschlüssel ausgeschaltet
werden. Sonst kann man nicht mehr funken, sobald der Motor aus ist. Auch wäre es dann sinnvoll, für
Rel 1 eine Version mit zwei Kontakten zu nutzen und mit dem zweiten Kontakt Rel 2 abzuschalten. Denn
Rel 2 fällt so erst bei 4...7 V ab, beim Wiedereinschalten könnte es also doch zu einem Stromstoß durch
den Kondensator kommen.
- Beim Einschalten des Transceivers schaltet Rel 1 durch.
- Über den Vorwiderstand (z.B. 4,7 Ω/3 W) wird der Kondensator geladen.
- Bei etwa 11 V am Kondensator (ggf. mit einem Vorwiderstand einstellen) schaltet Rel 2 durch.
Das Ergebnis: Ich kann jetzt meinen FT-857 aus der Auto-Steckdose betreiben und habe bei SSB die volle
Sendeleistung zur Verfügung. Erste Tests mit einem OM in der Nähe bescheinigen gute Modulation und einwandfrei
schmales Signal.
Auch als Stromversorgung für maritime-mobile
Ein segelbegeisterter OM brachte mich die Tage auf die Idee, dass der Einsatz eines Powercap speziell für
solche OMs interessant sein könnte, die /mm unterwegs sind:
- Die Verbindung zwischen Batterie und Funkgerät kann länger sein als konventionell üblich. Das gibt Freiheiten
beim Einrichten des Schiffs.
- Die Batteriekapazität lässt sich besser nutzen, weil die Entladestöme niedriger werden. Das erhöht einerseits
die entnehmbare Kapazität und erlaubt andererseits, die Batterie weiter zu entladen.
- Vermutlich funktionieren auch Datenverbindungen (Packtor...) besser, weil der niedrigere dynamische Innenwiderstand
der Stromversorgung zu weniger Verzerrungen des Sendesignals führt. In der Tat bekomme ich immer wieder
und unaufgefordert Komplimente für meine gute Modulation.
An Erfahrungsberichten bin ich sehr interessiert.! Und wer häufiger mit dem Segelschiff unterwegs ist,
könnte sich auch für meine Gedanken zu WLAN-Anbindung am Schiff im Hafen interessieren.
Bezugsquellen
- KFZ-Relais 1 x ein (oder Wechselkontakt) mindestens 20 A Kontaktstrom,
z.B. Bestellnummer 340 364 bei Pollin
- Ferritmaterial für Entstörzwecke, z.B. Klappferrite wie Bestellnummer 250 001 bei
Pollin oder Ringkerne wie Bestellnummer
250 290, auch von Pollin
- Zugegeben: Mehr als mechanische Daten gibt Pollin nicht an und wie bei solchen Restpostenhändlern
üblich sind die Angebote zeitlich beschränkt und Nachlieferungen ausgeschlossen. Aber ehe ich bei
den normalen Händlern für einen Klappferrit mehrere EUR zahle, riskiere ich lieber mal ein paar Cent...
Maritime-Mobile
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