Wer auf Kurzwelle Mobilbetrieb machen will, denkt als erstes an Monster vom Stil
Gelsenkirchener Mobilantenne oder
andere Konstruktionen, die man an der (heute kaum noch üblichen) Stoßstange befestigen muss,
um nicht an der Straßenbahn-Oberleitung hängen zu bleiben. Es geht aber auch eine Nummer kleiner –
zugegeben mit Kompromissen.
Bislang konnte ich mich noch nicht dazu durchringen, Löcher in den Vierkreiser zu bohren.
Bei der Klemm-Montage an der Heckklappe oder ähnlichen Lösungen habe ich so meine Vorbehalte. Also
müssen bei mir Antennen herhalten, die ich auf einem Magnetfuß monteren kann. Das begrenzt die Länge auf
unter 2 m und verbietet Verlängerungsspulen mitten in der Antenne – egal wie vorteilhaft das
elektrisch sein mag.
So landete ich bei der ATOM-Serie, die Thiecom vergleichsweise preiswert anbietet. Diese Monoband-Strahler haben eine
relativ geringe Windlast und ein niedriges Drehmoment, weil die Verlängerungsspule unten ist und
oben nur noch die Stahlrute.
Erfahrungen mit der ATOM-20
Mancher wird sich wundern, aber das funktioniert sogar: UA3, EA usw. funktioniert ganz brauchbar, man
muss sich natürlich hinten anstellen wie jede QRP-Station. Auch wenn der TRX 100 W liefert, eine
derartig verkürzte Antenne hat nur einen sehr niedrigen Wirkungsgrad. Auf einem Magnetfuß sowieso.
Mittlerweile habe ich so einigen Betrieb mit dieser Antenne gemacht und kürzlich habe ich die Antenne
zerlegt. Die Quintessenz: Das ist eine Einstiegsdroge, nicht mehr:
- Als Antennengeschädigter ist man in der ersten Euphorie schon froh, endlich wieder hören zu können.
Und das eine oder andere QSO bekommt man auch zustande.
- Die Antenne hat auch ohne Anpassglied ein brauchbares SWR und man kann sie so abstimmen,
dass man ohne Matchbox praktisch den ganzen SSB-Bereich nutzen kann.
- Im Lauf der Zeit wird man aber skeptisch: Die empfangenen Rapporte sind typisch 3 S-Stufen niedriger als
die gegebenen. Und wie kann eine so kurze Antenne so breit sein?
Eine erste Antwort könnte man sich gleich selber geben: Unter dem Schrumpfschlauch kann man sehen, dass die
Verlägerungsspule eine Länge von etwa 36 mm und einen Durchmesser von etwa 17 mm hat – viel zu lang, um
eine vernünftige Güte zu haben. Nach dem Aufschneiden des Schrumpfschlauchs kommt dann der Schock:
Die Verlängerungsspule besteht aus 0,8 mm CuL und hat keinen Wicklungsabstand. Schließlich hat man gelernt,
dass so eine Spule eine möglichst geringe Wicklungskapazität haben muss.
Nach einigen Herumspielen kommt man aber zur Erkenntnis, dass das ein durchaus stimmiges Produkt ist:
- Die Antenne ist schlank und vergleichsweise unauffällig – die klare Antithese zu den Bugcatchern,
die man aus der US-Literatur kennt. Wer wollte damit hier zulande herumfahren? Legal wäre es
sowieso nicht.
- Die hohen Spulenverluste erleichtern die Anpassung und machen die Antenne breitbandig und
vergleichsweise unempfindlich gegen die Umgebung.
- Ein dickerer Draht führt zu einem noch ungünstigeren Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser
der Spule. Damit lässt sich die Güte also nur begrenzt erhöhen.
Fazit: Für erste Gehversuche beim mobilen Kurzwellenbetrieb ist die ATOM 20 ganz brauchbar.
Später kann man ihre Einzelteile zumindest noch für eigene Experimente nutzen. Aber im Sonnenflecken-Minimum
sollte man nicht erwarten, dass man damit weiter als 1000 oder bestenfalls 2000 km kommt.
Randbedingungen der folgenden Messung: ATOM 20 im Originalzustand auf einem Sirio MAG 145 PL Magnetfuß,
im Magnetfuß eingebauter 12Ω:50Ω.Strombalun, 2,8 m Kabel bis zu einem Kellermann-Balun
(insgesamt 7,2 m RG-58/U – also minimal mehr als λ/2-Resonanz).
Ein konstruktives Detail macht sowohl bei meiner ATOM-20 als auch der ATOM-40 Probleme:
Zwischen dem Spulenkörper und der Stahlrute ist ein Zwischenstück, das oben in den Spulenkörper
eingeschraubt ist. Dieses Gewinde ist mit einem passenden Mittel festgelegt – allein das Zeug leitet
den Strom nicht. Wenn sich das Oberteil loswackelt, ist plötzlich der Empfang weg. Es ist gar nicht einfach,
diese Schwachstelle zu finden – anfangs wackelt das Teil nur um Millimeter-Bruchteile. Wer kommt auf
die Idee, dass das überhaupt zwei Teile sind?
Meine weiteren Pläne
Vor kurzem habe ich mir einen MiniVNA zugelegt. Damit sehe ich jetzt viel mehr, so dass ich jetzt etwas gezielt tun kann.
Als erstes habe ich die Verlängerungsspule auf 1,4-mm-CuL umgewickelt. Spätestens dabei wurde klar, dass
man wirklich keine Alternative zum Wickeln ohne Abstand hat – die Spule ist schon so viel zu lang. Der
Fußpunktwiderstand sank bei dieser Gelegenheit in den Bereich 12 Ω ab, so dass ich mit meinem
1:4-Eigenbau-Balun
recht nahe an 50 Ω komme. Es zeigt sich aber, dass ich mit Hilfe der Impedanzänderung problemlos die
Autos zählen kann, die mit ein paar Metern Abstand vorbei fahren.
Eine Verbesserung der Spulengüte ist
denkbar entweder mit einem größeren Spulendurchmesser oder mit Eisen in der Spule. Allerdings zeigt
eine längere Suche im Internet, dass Stäbe aus passendem Material so einfach nicht aufzutreiben sind.
Bei der 40m-Version dieser Antenne ist die Verlängerungsspule schon im Original extrem lang und wohl
auch aus 0,8 mm CuL. Vermutlich werde ich da auf einen Ringkern ausweichen müssen, auch wenn das die
Bauform der Antenne ziemlich ad absurdum führt.
Literatur
- Weidemann, Arno (DL9AH): QRV mit der "Gelsenkirchener Mobilantenne" (Teil 1)
- In: cqDL 5/2004, S. 350ff
- Weidemann, Arno (DL9AH): Theorie der "Gelsenkirchener Mobilantenne" (Teil 2)
- In: cqDL 6/2004, S. 418ff
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