Am 10. Oktober 2015 trafen sich über 100 HAMNET-Aktivisten in Nürnberg. Nachdem die Internationalen Packet-Radio-Tagungen
(IPRT) in Darmstadt nicht mehr stattfand, war eine andere Veranstaltung gesucht. Die Teilnehmer beschäftigten sich vorwiegend
mit recht speziellen Problemen von der Betriebsüberwachung des HAMNET bis zur Datenpflege in der Website
http://www.hamnetdb.net. Es gab aber zahlreiche Informationen, die einen
größeren Kreis interessieren könnten.
Frequenznutzung
HAMNET benutzt für die Benutzereinstiege meist die Bänder 13 cm und 6 cm. Speziell an ATV-Standorten gibt es auch ein paar
Benutzerzugänge im 9-cm-Band. In den beiden ersten Fällen können sehr preiswerte WLAN-Komponenten genutzt werden. Für 9 cm ist
das Angebot sehr überschaubar. Vielleicht lassen sich ein paar gebrauchte WIMAX-Komponenten nutzen, nachdem die drahtlose
Internetanbindung mittlerweile LTE benutzt.
Die Linkstrecken arbeiten fast ausschließlich auf 6 cm. Mindestens eine Linkstrecke arbeitet schon im 3-cm-Band. Noch höher
können wir bei unseren oft langen Linkstrecken und der Begrenzung auf 15 W ERP für automatische Stationen oft nicht gehen,
wie viele Nutzer von Satellitenfernsehen bestätigen können: Das werden schnell Schönwetter-Verbindungen, denn Regen
erhöht in diesen Frequenzbereichen die Streckendämpfung enorm. Das bestätigte auch ein Tagungsteilnehmer, der beruflich mit
kommerziellen Linkstrecken zu tun hat.
Im 70-cm-Band gibt es aus Packet-Radio-Zeiten zwei 200-kHz-Zuweisungen. Mit modernen Modulationsverfahren könnte man auf
200 kHz Bandbreite durchaus 1 MBit/s übertragen. So könnte man auch den Klasse-E-OMs den Funkzugang zum HAMNET ermöglichen und
generell größere Gebiete erschließen. Die Zuweisungen liegen aber weitgehend brach, weil es keine geeigneten Gerätschaften gibt.
Wenn man auf fertige Hardware wie HackRF zurückgreift, reduziert sich das Problem vorzugsweise auf die passende Software.
Die Zeit drängt hier, denn auch andere Dienste suchen dringend Platz im 70-cm-Bereich.
EMV
Die für HAMNET verwendeten WLAN-Komponenten sind zwar spottbillig, aber auch hier gilt: Man bekommt, was man bezahlt hat.
Ein Teilnehmer berichtete von einem 30-kHz-Lattenzaun im Kurzwellenbereich. Viel problematischer ist der Einsatz dieser
WLAN-Komponenten an kommerziellen Standorten: Die Plastikgehäuse sind nicht abgeschirmt, die verwendeten SDR-Techniken
unterdrücken gelegentlich Spiegelfrequenzen unzureichend und generell enthalten diese Komponenten nur das absolute Minimum
an Filtern.
Sollten wir an einem kommerziellen Standort andere Dienste stören, wären unsere Komponenten ganz schnell außer Betrieb.
Falls also ein Leser ein dämpfungsarmes Filter für 13 cm oder 6 cm entwickelt haben sollte, das auch noch 1 W Hochfrequenz
aushält...
Netzausbau
Das HAMNET startete in OE. Die dortigen OMs hatten natürlich eine spezielle Motivation durch ihre vielen natürlichen
Funktürme (Berge) und deren Nachteile (Abschattungen). DL hat aber stark aufgeholt. Abgesehen vom nördlichen Brandenburg
gibt es mittlerweile in allen Distrikten Aktivitäten. Das heißt natürlich nicht, dass es flächendeckend Benutzerzugänge gäbe
oder das HAMNET ohne Internet-Linkstrecken auskäme. Aber die Inseln wachsen zusammen.
Christian Entsfellner, DL3MBG, erklärte, der DARC-Vorstand wolle
die Mittel aus den Pro-Mitgliedschaften im kommenden Jahr dem HAMNET-Ausbau widmen. Priorität solle dabei haben, Teile des
Netzes von fremder Infrastruktur unabhängig zu machen. Beispielsweise sollen Linkstationen mit Batterien und Solarzellen
ausgerüstet werden.
Organisatorisches
Die drei HAMNET-Koordinatoren (siehe Bild) versuchen, den lokalen und regionalen Aktivisten so viel Freiraum wie möglich zu
lassen. Sie betreiben eine Website und pflegen viele Daten in der zentralen Datenbank. Sie vergeben IP-Adressen usw. und
betreiben wichtige HAMNET-Knoten.
Die Zusammenarbeit mit Hochschulen, z. B. in Nürnberg, Aachen und Duisburg-Essen, ist außerordentlich wichtig –
sowohl für die Infrastruktur als auch für Entwicklungsarbeiten. Es gibt Institute, die passende Teilprojekte als Arbeiten
für Studenten ausschreiben.
Netz 44 weltweit
Das HAMNET ist mittlerweile der weltweit größte und aktivste Nutzer des IP-Netzes 44.0.0.0/8. Das hiesige Packet-Radio-Netz
44.130.*.* wird wohl im HAMNET aufgehen. Die US-amerikanischen OMs haben zwar sehr früh in der Entstehungsgeschichte des
Internet den Adressraum für den Amateurfunk gesichert, betreiben aber nur einzelne kleine Inseln. Manche Länder haben es schwer,
es uns nachzutun: Teilweise dürfen Amateurfunkeinrichtungen nicht mit dem Internet verbunden werden, in manchen Ländern gibt
es im Mikrowellenbereich viel weniger Zuweisungen als bei uns. In dünn besiedelten Ländern sind Funkverbindungen im
Mikrowellenbereich sowieso kaum möglich.
Natürlich kam auch die Frage nach den neuen IP-V6-Adressen auf. Abgesehen von kleineren Experimentalnetzen werden wir aber
noch länger bei IP V4 bleiben: Der Zwang zu IP V6 bleibt uns noch länger erspart, weil wir erst einen kleinen Teil der
verfügbaren IP-Adresse nutzen. Beispielsweise in den USA gibt es mittlerweile keine freien IP-V4-Adressen für das Internet mehr.
Außerdem haben wir nur dann eine Chance auf einen exklusiven IP-V6-Präfix, wenn wir den ganz großen Dienstweg über die
internationalen Organisatoren von Amateurfunk und Internetverwaltung gehen. Aber vielleicht finden sich ja überall genug OMs,
die uns unterstützen. Es wäre nicht das erste Mal...
Dieser Text erschien zunächst als aktuelle Meldung unter Funkamateur.de.
Literatur
- Hüppner, Stefan (DH5FFL): HAMNET-Tagung brachte Sysops und User zusammen
- In: cqDL 12/2015, S. 38
Am Titel habe ich so meine Zweifel: Die HAMNET-Macher waren in der übergroßen Mehrheit. "Analoge" OMs werden
mit dem Artikel relativ wenig anfangen können. Die meisten Informationen des Artikels sind für sie auch ziemlich
irrelevant. Und die Angabe "1 Mbit/s sind im 70-cm-Band auf 200 kHz möglich" wurde auf der Tagung nicht erwähnt und
stammt höchst wahrscheinlich von mir.
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