Diese Seite ist eine zusammenfassende Übersetzung von
http://www.w8ji.com/inductor_current_time_delay.htm.
[Ein paar Begriffsbestimmungen ist für den folgenden Text wichtig:
- Spule bezieht sich auf das physikalische Gebilde.
- Induktivität ist eine elektrische Eigenschaft.
- Ein Belag ist eine verteilte Eigenschaft. So hat ein
Kabel einen Kapazitätsbelag von einigen pF/m.
Wenn hier von "ich" die Rede ist, bezieht sich das
auf Tom, W8JI. Nur in den [eckigen Klammern], wenn es um Verweise
auf noch nicht übersetzte Texte geht, bezieht sich "ich" auf den
Übersetzer.]
Viele stellen sich vor, dass der Strom Windung für Windung durch
die Spule fließt. Dieses Bild sorgt für alle möglichen eigenwilligen
Ideen, wie eine Verlängerungsspule für eine Antenne funktioniert.
Eine Möglichkeit, diese Vorstellung zu überprüfen, ist die
Untersuchung der Ströme an beiden Enden der Spule – also wie
lange es dauert, bis eine Stromänderung wieder aus der
Spule heraus kommt.
Für unsere Untersuchungen nutzen wir eine typische Verlängerungsspule
für 80 m: 100 Windungen, Steigung 2,5 mm/Windung, 5 cm Innendurchmesser,
Drahtdurchmesser 1 mm. Die Spule hat bei 4 MHz eine Güte
von 290.
In der Spule stecken rund 16 m Draht, während die Spule 25 cm lang ist.
Die Messeinrichtung hat zusätzlich eine Drahtlänge von 30 cm. Die
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist 300.000 km/s, in allen anderen
Medien ist sie geringer.
1 m Draht verzögert den Strom also um mindestens 3,3 ns. 16 m Draht
sollten also für eine Verzögerung von 53 ns sorgen. Hier das
Messergebnis für einen weiten Frequenzbereich.
Über einen weiten Frequenzbereich messen wir also 3 ns Verzögerung oder
eine effektive Länge von knapp einem Meter. Ziehen wir die 30 cm für
die Anschlussleitungen ab, ist die Spule elektrisch also etwa 60 cm
lang. Wie kommt der Strom so schnell durch die Spule?
Das erscheint erst mal unmöglich, aber dann ist das doch ganz
offensichtlich: Die Stromänderung am Eingang führt zu einer Änderung
des Magnetfelds am Anfang der Spule. Über die magnetische Kopplung
der Windungen induziert die Magnetfeldänderung eine Spannung
in den anderen Windungen. Das pflanzt sich durch die Spule fort,
viel schneller als entlang des Drahts. Die magnetische Kopplung der
Windungen ist offensichtlich der überwiegende Teil des Transportmechanismus.
Man kann die Verzögerungszeit auch durch die Phasenverschiebung zwischen
Eingangs- und Ausgangsstrom bestimmen. Auch da ergeben sich sehr niedrige
Werte.
Woher bekommt eine Induktivität eigentlich die bekannte Stromverzögerung
her, wenn wir hier ganz anderes messen? Ganz einfach: Die Verzögerung
zwischen den Strömen am Eingang und Ausgang ist gering, so lange die
Ausgangskapazitäten entsprechend gering sind. Messen wir aber die
Spannung über einem passend großen Kondensator am Ausgang der Spule,
dann bekommen wir auch die bekannte Verzögerung.
Hätten wir eine ideale Spule, müssten wir in unserer
Testeinrichtung weniger als 2 ns Verzögerung messen. Die Spule hat aber
ein Streufeld, d.h. die Magnetlinien umfassen nicht alle Windungen.
Das verdoppelt die Laufzeit gegenüber der idealen Induktivität.
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