Diese Seite ist eine zusammenfassende Übersetzung von
http://w8ji.com/core_selection.htm.
[Ein paar Begriffsbestimmungen ist für den folgenden Text wichtig:
- Spule bezieht sich auf das physikalische Gebilde.
- Induktivität ist eine elektrische Eigenschaft.
- Ein Belag ist eine verteilte Eigenschaft. So hat ein
Kabel einen Kapazitätsbelag von einigen pF/m.
Wenn hier von "ich" die Rede ist, bezieht sich das
auf Tom, W8JI. Nur in den [eckigen Klammern], wenn es um Verweise
auf noch nicht übersetzte Texte geht, bezieht sich "ich" auf den
Übersetzer.]
Die Auswahl des richtigen Kerns ist nicht ganz einfach. Manchmal
haben die Entwickler auch ziemlich eigenartige Ideen. Dazu gehört der
Versuch, durch das Kombinieren mehrerer unterschiedlicher Kernmaterialien
gleichzeitig hohe Belastbarkeit und hohe Impedanz erreichen zu können,
indem man die Strombelastung langsam reduziert. Eine andere
falsche Forderung ist die nach einem µ jenseits von 10.000 für 1,8 MHz
oder noch höhere Frequenzen. Oder auch der Einsatz von Kernen mit
extrem niedriger Permeabilität für den gleichen Zweck.
Meine Empfehlungen beruhen immer auf eigenen Messungen – mit vernünftigen
Messgeräten am Testplatz oder in entsprechenden Anwendungsfällen.
Die Auswahl des Kernmaterials
Für QRP-Anwendungen im Kurzwellenbereich benutze ich vorzugsweise
das Material 73. Dieses und ähnliche Kernmaterialien führen zu niedrigen
Windungszahlen ohne übermäßige Verluste. Eines der besten Anzeichen
für eine Gute Kernauswahl ist die Windungszahl. Die meisten meiner
Transformatoren haben nur 1-2 Windungen pro 100 Ω Impedanz.
Mein 75:450 Ω-Beverage-Transformator hat beispielsweise zwei
Primär- und und fünf Sekundärwindungen.
Leistungsanwendungen im Kurzwellenbereich verlangen oft Kerne mit
niedrigerer Permeabilität. Das hat zwei Gründe:
- Kerne mit niedriger Permeabilität haben eine höhere
Curie-Temperatur. Sie verlieren also auch
bei höheren Betriebstemperaturen ihre magnetischen Eigenschaften
nicht.
- Kerne mit niedrigerer Permeabilität haben bei einer festen
Frequenz geringere Verluste. Das senkt die Verlustleistung,
eine wichtige Eigenschaft im QRO-Bereich.
Die Permeabilität ist frequenzabhängig. Mit steigender Frequenz
erreicht die Permeabilität irgendwann ein Maximum, um dann abzufallen.
Für Breitbandtransformatoren kann diese Eigenschaft ganz nützlich sein.
Man sollte aber den Bereich des ganz steilen Abfalls vermeiden. Wenn
Die Permeabilität bei niedrigen Frequenzen zu hoch ist, kann der
Impedanzabfall mit der Frequenz im Arbeitsbereich zu recht niedrigen
Impedanzen führen. Das kann die Bandbreite deutlich einschränken.
Hohe Windungszahlen zwingen zu dünneren Drähten, beeinträchtigt oft
die Temperaturstabilität und führt zu unnötig hohen Streukapazitäten.
Letzteres beeinträchtigt wieder die Bandbreite.
Kerne sollten NICHT nur nach ihrer Anfangspermeabilität ausgewählt
werden, denn dieser Wert wird mit Gleichstrom bestimmt. Wichtig sind
die Eigenschaften bei der Betriebsfrequenz!
Grundsätzlich führen kürzere Drahtlängen zu größeren Bandbreiten.
Dabei ist wichtig, möglichst viel Draht in den Kern hinein zu
bringen und möglichst wenig außen herum zu führen.
Erwärmung
Für höhere Leistungsklassen fordern geringere Kernverluste und
Materialien mit höherer Curie-Temperatur wie 65, 61 oder sogar 43.
Auch Bruchteile von dB Leistungsverlust können kleine Kerne stark
aufheizen, wenn 1 kW Leistung drüber geht. Bei nicht resonanten
Schaltungen mag der Verlustunterschied zwischen Ferritmaterialien
mit niedriger oder hoher Permeabilität nicht sehr groß sein. Aber
die Erwärmung kann sich stark unterschieden!
Die Erwärmung wird oft so interpretiert, dass der Kern sehr höhe
Verluste hätte oder in die Sättigung ginge. Dem ist aber oft nicht so.
Zum ganzen Bild gehören auch benutzte Leistung, Taktgrad und die
Möglichkeit des Kerns, die Verlustleistung auch loszuwerden.
Sehr kleine Kerne, etwa solche mit 1,27 cm Durchmesser, werden oft
als Mantenwellensperre auf Kabel aufgefädelt. Sie können nur
Bruchteile von Watt an die Luft abgeben. Dann hilft, sich vorzustellen,
wie warm eine 60-W-Glühbirne im Betrieb wird. Der Kern leitet die
Wärme schlecht und oft wird er so eingepackt, dass um ihn herum
keinerlei Luftaustausch stattfinden kann.
Bei einer solchen Mantelwellensperre werden die Kerne häufig mit
Schrumpfschlauch befestigt. 20 W Verlustleistung bedeuten bei
1,5 kW nur eine Dämpfung von 0,1 dB, trotzdem werden die Kerne
überhitzt!
Fast immer geht es hier um Wärmeprobleme, nicht um zu hohe Kernverluste.
Um Kerne in die Sättigung zu treiben und sie dadurch zu überlasten
muss man sie mit sehr geringen Tastgraden und sehr hohen Leistungen
beaufschlagen. Bei der Kernauswahl sollte man sich also in erster
Linie um die Verlustleistung und die Windungszahl kümmern, nicht
um relativen Verluste.
Bauform des Kerns
Weicheisen-Kerne erhöhen die Induktivität, weil sie die magnetische
Flussdichte in der Nähe des Leiters erhöhen. Mit geringer
Flusskonzentration gehen auch geringe Induktivitäts- und
Impedanzsteigerungen einher. Nur starke Flusskonzentrationen führen
auch zu kräftigen Impedanzanstiegen.
Der Bereich außerhalb der Kernöffnung bewirkt keinen geschlossenen
magnetischen Pfad. Hier hat die Nähe des Kerns keinen wesentlichen
Effekt auf die Induktivität des Leiters. Der magnetische Fluss
dieser Leiterteile verläuft weitgehend durch Luft, wo er nicht
konzentriert wird und folglich nciht viel zur nutzbaren Induktivität
beiträgt. Im Gegenteil: Diese Windungsteile tragen viel zu Streufeldern
und Streukapazitäten bei. Wenn wir also dafür sorgen, dass ein
möglichst großer Teil des Leiters innerhalb des Kerns bleibt,
führt das zu einer wirkungsvolleren Induktivität oder einem besseren
Transformator.
Dieser Effekt lässt sich leicht mit einem kleinen Experiment beweisen,
das man beispielsweise mit einem Antennenanalysator durchführen kann:
Verbinden wir die anschlüsse des Analysators mit einem Stück Draht und
messen die Impedanz. Dann beobachten wir die Impedanz, während wir
einen Kern von außen an den Draht annähern. Die Induktivität erhöht
sich nur minimal.
Wenn wir jetzt aber den Draht durch den Kern fädeln, erhöht sich die
Impedanz deutlich. Das zeigt deutlich, warum so viel Leiter wie
möglich in den Kern hinein gehört.
Kernabmessungen
Der Kern konzentriert den magnetischen Fluss auf die Umgebung des
Leiters. Je weiter das Weicheisen vom Leiter entfernt ist, um so
geringer ist sein Einfluss.
- Wenn wir einen Kern auf einen Draht fädeln, so ist die dadurch
erzielte Impedanzerhöhung praktisch proportional zur Länge
der Kernbohrung.
- Die Dicke des Kernmaterials dagegen hat dagegen nur wenig
Einfluss auf die Impedanz.
Also erhöht die Kernlänge parallel zum Leiter die Impedanz proportional,
während mehr Kernmaterial radial um den Leiter längst keinen so
starken Einfluss hat.
Persönlich bevorzuge ich für Kleinleistung Doppellochkerne
und nebeneinander liegende Stapel von Ringkernen für
breitbandige Leistungsanwendungen. So hängt wenig Draht "außen" herum,
die Drahtlänge wird minimal und auch die Streukapazitäten und
-induktivitäten bleiben niedrig. Gegenüber einem Ringkern oder
einfachem Ringkernstapel kann man so oft ein Drittel des Drahtes
einsparen!
Kleinsignalmessungen
Phasenumkehrung und Mantelwellendrosseln
Einige meiner Empfängerentwürfe benutzen Transformatoren zur
Phasenumkehr. Solche Transformatoren unterscheiden sich vom Aufbau
her nicht von Mantelwellendrosseln. Für Empfängeranwendungen
verwende ich Doppellochkerne aus Material 73 und 6 Windungen
0,5-mm-Kupferlackdraht. Als Kern benutze ich Doppellochkerne von
Fair Rite Products Bestellnummer 2873000202. Die sind etwa 12x12 mm
groß und 7,5 mm dick.
Und hier ein paar Messergebnisse, die bei 2,5 MHz und mit durchaus
modernen, kommerziellen Messgeräten erstellt wurden:
Abschlusswiderstand ("Load") |
Dämpfung (dB) |
Phasenfehler (Abweichung von 180°) |
---|
100 | ~ 0 | < 1° |
33 | ~ 0 | - 1,2° |
10 | 0,2 | - 2° |
Offensichtlich ist diese Konstruktion gut, denn noch bei 10 Ω
Abschlussimpedanz arbeitet sie gut!
Anpasstransformator für Beverage-Antennen
Manchmal benutze ich bestimmte Schaltungsteile immer wieder und
vergesse, wie ich ihre Funktion damals überprüft habe. So erhielt ich
eine Frage nach den Windungszahlen meines Beverage-Baluns. Das nahm
ich zum Anlass, die Dimentsionierung zu verifizieren.
Also testete ich meinen 2:5-Balun mit dem üblichen Doppellochkern
nach zwei Methoden mit einer Anordnung aus Messsender,
Netzwerkanalysator und vektoriellem Impedanzmesser. Das Messobjekt
waren zwei solche Baluns, die ich "Rücken an Rücken" miteinander
verband, um einen 1:1-Balun messen zu können.
Die Dämpfung der Reihenschaltung war 0,84 dB bei 1 MHz, mit einem
linearen Anstieg auf 0,98 dB bei 30 MHz. Die Dämpfung in einem
einzelnen Balun ist dann die Hälfte davon.
Ein verdoppeln der Windungszahlen verschleichterte den Frequenzgang:
Zwar sank die Dämpfung bei 1 MHz auf 0,69 dB, aber bei 30 MHz stieg
sie auf 1,21 dB.
Für die zweite Messung schloss ich den Balun mit 470 Ω ab. Mit
der Fehlanpasung ergab sich eine Dämpfung von 0,65 dB bei
1 MHz. Nachdem die Eingangsimpedanzen von Empfängern in der Regel
stark frequenzabhängig sind, kann eine Fehlanpassung schaden oder
nützen. Mit Kompensation der Fehlanpassung ergibt sich bei der
zweiten Messmethode und 1 MHz eine Dämpfung von 0,53 dB für den
ursprünglichen Entwurf und 0,43 dB bei der doppelten Windungszahl.
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