Seit 1948 gibt es bei uns ein Amateurfunkgesetz. Seitdem wurden diverse Rufzeichenblöcke und Lizenzklassen
eingeführt. Hier ein kleiner Überblick dazu.
Erste Rufzeichen nach dem Krieg
Während des 2. Weltkriegs war in den am Krieg beteiligten Staaten der Amateurfunk verboten. In vielen Ländern
wie den USA oder Großbritannien wurden diese Verbote dann bald wieder aufgehoben. In Deutschland war das anders: Schon vor dem
Krieg steckte Amateurfunk eher in einem juristischen Graubereich: Es gab einige wenige offizielle und diverse inoffizielle,
aber wohl geduldete Stationen. Die Rufzeichen begannen mit "D" und einer Zahl.
Nach dem Krieg war Deutschen der Besitz von Sendern sowieso verboten. Deutsches Militärmaterial wurde im Rahmen der
Demilitarisierung zerstört. Das merkt man bis heute auf einschlägigen Flohmärkten, wo man zwar massenweise US-Material
aus Surplusbeständen findet, aber kaum je einen der technisch viel interessanteren Sender und Empfänger des
deutschen Militärs. Das hielt natürlich einige Amateurfunk-Süchtige nicht davon ab, Betrieb zu machen. Ein höchst gefährliches
Unterfangen.
Der Württembergisch-Badischer-Radio-Club durfte zwar im August 1946 offiziell gegründet werden
[17], die Mitglieder durften aber ausschließlich nur Kurzwellenempfänger besitzen. Die durften a b.f.o.
for CW reception enthalten. Sendebetrieb war den Mitgliedern ausdrücklich verboten: ...there is as yet no indication
that the military government is ready to grant such [transmitting] licenses. Die QRV des späteren DL1CU wird ausdrücklich
als attractive magazine gelobt. Die QST gibt die Mitgliederzahl des WBRC mit 1700 an.
Die älteste mir bekannte, offizielle Zuweisung von deutschen Rufzeichenblöcken nach dem Krieg stammt aus dem Jahr 1948
[11]:
- Die offensichtlich aktiven Stationen mit DA-Rufzeichen werden als sämtlich illegal bezeichnet. Das sind genau die
Calls, deren QSL-Vermittlung die Box 585 Stuttgart war [16].
- Für die Westzonen wurde folgende Rufzeichenblöcke zugewiesen: Britische Zone D2AA–D2ZZ, Amerikanische Zone
D4AAA–D4ZZZ und Französische Zone D5AA–D5ZZ. Alle Zuweisungen waren nur für Personal unter militärischer
Kontrolle der einzelnen Zonen vorgesehen. Man beachte, dass die Sowjetische Zone hier nicht erscheint. Nach
[13] waren Anfang 1946 bereits über 200 D4-Rufzeichen ausgegeben worden, u.a. D4AAU,
D4ABX, D4AAS (W4DWU) und D4ABW. Es gab auch QSL-Manager [14]:
- Für D2-Calls (Britische Zone): Capt. J. Blackwood, R. Signals, P. & T. Section, HQ. Mil. Govt., Hamburg, BAOR
- Für D4-Calls (Amerikaische Zone): Signal Divisions, HQ. USFET, APO 757, c/o Postmaster, Newy Your, N.Y.
Die Box 585 Stuttgart taucht in der QST nicht auf.
Abgesehen von der gleich zu besprechenden Prefix-Erweiterung blieb diese Regelung bis zu, 31. Juli 1965 in Kraft.
Ab 1. August 1965 wurde der DL2-Block an deutsche Funkamateure ausgegeben.
Ab Anfang 1970 wurden dann DA-Rufzeichen ausgegeben.
Die DL4- und DL5-Rufzeichen blieben maximal bis zum 31.12.1975 gültig.
Dann wurde beispielsweise aus Fred, DL4SF, DA1SF.
Ich erhielt DL4NO am 26. April 1975 zugewiesen, siehe unten. Alternativ hätte ich ein DF1Nx-Rufzeichen erhalten können.
Die ITU-Rufzeichenblöcke für Deutschland
Die International Radio Conference in Atlantic City 1947 beschränkte die deutsche Zuteilung auf von bislang DAA-DZZ auf DAA-DMZ.
Folglich mussten die Prefixe deutscher Funkamateur-Rufzeichen zum 1. Januar 1949 geändert werden zu DL4 usw.
Die Administrative Radio Conference 1959 erweiterte die Zuteilung für Germany auf DAA-DTZ, wie wir es bis heute kennen.
Die Aufteilung in Bundesrepublik DA-DL und DDR DM-DT wurde außerhalb des des Amateurfunks nicht vollzogen.
Die DDR gab für den Amateurfunk übrigens ausschließleich DM- und DT-Rufzeichen aus.
So hatte im Schiffsfunk Rügen Radio das Rufzeichen DHS und das Sendezentrum der Deutschen Welle in Jülich DMQ.
Erst die World Administrative Radio Conference Genf 1979 wies DAA-DTZ der Bundesrepublik und Y2A-Y9Z der DDR zu.
Notfunk als Türöffner
Einen Aspekt des Amateurfunks in Deutschland unmittelbar nach dem Krieg haben alle mir bekannten deutschen Quellen bislang
vernachlässigt: den Notfunk. So heißt es 1948 [12]: American amateur radio operators in Germany are
being mobilized for any communications emergency. They have been asked to report to the United States Army Signal offices to
assist in the implementation of Army plans to set up an emergency communications system. The Army plans call for an
establishment of an extensive network of amateur stations at all major military posts throughout the American zone,
primarily for intrapost communications.
Es ging also überhaupt nicht um deutsche Funkamateure, sondern um einen legalen Rahmen für Amateur-Notfunk in Deutschland.
Dazu brauchte man nur die heimischen Lizenzen aus den USA oder GB zu prüfen. Lizenzprüfungen waren für diese Zielgruppe überflüssig.
Im amerikanischen Militär gab es viele Sympathien für den Amateurfunk.
Das geht zurück bis zum 1. Weltkrieg, als die ARRL aus dem Stand mehrere 1000 qualifizierte Funker für das Militär akquirieren konnte
[22].
Wenn wir in den 1970er Jahren den CW-Fieldday für DL0NF/p vorbereiteten, besorgten die DA-Stationen immer Stromgenerator und Masten
– schweres Gerät, wobei speziell der Dieselgenerator total übertrieben war.
So wird auch verständlich, warum der Wirtschaftsrat
der Westzonen ein Amateurfunkgesetz erließ, das folglich älter ist als das Grundgesetz. Voraussetzung für den Amateurfunk
in der amerikanischen Zome war eine US-amerikanische Amateurfunklizenz und die Mitgliedschaft beim amerikanischen Militär
in Deutschland. Aus der Amerikanischen Tradition des Amateurfunks als Dienst an der Gesellschaft (community service)
wird diese Entwicklung sicher verständlicher. Dass das im Rahmen unserer internationalen Bruderschaft dann trotz des
Fraternisierungsverbots auch uns half, war für die Entwicklung eher nebensächlich. Es ist also auch kein Wunder, dass manche
Passagen dieses Amateurfunkgesetzes wörtliche Übersetzungen der entsprechenden US-Amerikanischen Bestimmungen waren. Aber
bis heute halten sich in Deutschland Geschichten, die Aktivitäten der paar 100 deutschen Schwarzfunker hätten den Erlass des
Amateurfunkgesetzes der westlichen Militärregierung wesentlich befördert [15].
Ähnliche Regelungen erließ beispielsweise auch die US-Militärregierung in Korea: Upon application through proper channels
konnten GIs mit US-Lizenzklasse A und B, oder nach Ablegen einer Prüfung ähnlich wie bei der FCC, eine Amateurfunklizenz für
Korea erhalten [18].
Um die Verhältnisse zu verdeutlichen: Im Amateur Radio Callbook Foreign vom Herbst 1954 [24]
finden sich 95 DL2-Calls, rund 430 DL4-Calls und 40 DL5-Calls.
DL1CUs Märchen und seine Folgen
Wie verzerrt, wohl durch die Veröffentlichungen von DL1CU, der traditionelle deutsche Blick auf die Entwicklungen bis heute ist,
zeigt [19]: Die [von den Verwaltungen der Bizone erlaubten] Clubs bemühten sich ein eigenes
Amateurfunkgesetz auf den Weg zu bringen, hatten sie doch in der Zeit von 1928-1945 mit dem FAG [Fernmeldeanlagengesetz]
schlechte Erfahrungen gemacht. So stellten sie seit Anfang 1948 Voraussetzungen zusammen, unter denen ein Funkamateur die
Lizenz zum Funken erhalten kann. Doch zahlreiche "Schwarzfunkaktivitäten" störten diese Bemühungen empfindlich,
die Deutsche Post beschlagnahmte am 10.April.1948 erstmals Stationen. Die Militärregierung der Vereinigten Wirtschaftsgebiete
kurz Bizone, legte dem Verwaltungsrat [das muss wohl Wirtschaftsrat heißen] am 27. Juli 1948 nahe, ein Gesetz über das
Funkwesen zu erarbeiten. Damit sollte der unlizenzierte Funkverkehr durch eine deutsche Behörde kontrolliert werden.
Doch der Amateurfunk sollte wieder nur über Verordnungen im Fernmeldeanlagengesetz geregelt werden. Dieses Gesetz fand
durch den Verwaltungsrat am 08. September 1948 Zustimmung, jedoch nicht durch die Funkamateure und ebenfalls nicht
durch die Militärregierung. Am 06. Dezember 1948 fand der Entwurf der Funkamateure zum Gesetz über den Amateurfunk durch
den Verwaltungsrat endlich Beachtung. In Anlehnung an die Vollzugsordnung zum Internationalen Fernmeldevertrag
legte der Verwaltungsrat den Gesetzentwurf der Funkamateure, der Militärregierung vor.
Auch hier wird zugestanden, dass Initiative zum Amateurfunkgesetz von der Militärregierung ausging. Deren Motivation war aber
ganz offensichtlich eine ganz andere als die hier beschriebene: Es gab in Deutschland sicher wichtigere Aufgaben,
als Amateurfunk durch Deutsche. Wie unreflektiert die Überlieferung von DL1CU ist, schildert er selber: Um die Mitgliederliste
des Württembergischen Radioclubs vor dem Zugriff der deutschen Polizei zu schützen, wurde sie bei einem amerikanischen
Offizier aufbewart. Ich würde eher meinen, dass das eine Voraussetzung für die Genehmigung des Vereins war.
Die Lizenzklassen seit 1949
Am Anfang war es ganz einfach: Nach der Lizenzprüfung bekam man die Klasse A – so zusagen die Anfängerlizenz.
Nach einem Jahr wechselte man dann in die Klasse B. Die Morseprüfung musste man mit 60 Buchstaben/min bestehen.
Der Unterschied zwischen den Lizenzklassen war die erlaubte Sendeleistung, die über die Anodenverlustleistung der
Endstufenröhren begrenzt war: Die Anfänger konnten mit 20 W Anodenverlustleistung in CW vielleicht 50 W HF erzeugen;
in AM kam man vielleicht auf 15 W Trägerleistung. Mit 50 W Anodenverlustleistung gab es entsprechend mehr Dampf.
Ansonsten konnte sich jeder selbst überlegen, wie stark er seinen Röhren rote Backen zumutete. Ich erinnere mich an
einen OM, der alle paar Worte die Sendetaste losließ, um seinen Röhren eine kurze Erholungspause zu gönnen.
So blieb es bis 1967. Damals wurde die Klasse C eingeführt. Die Prüfung zwischen den Klassen A und C unterschied sich nur
dadurch, dass für die Klasse C die Morseprüfung entfiel. Die Idee dabei war, den schwierigsten Prüfungsteil später
nachholen zu können. Die C-Lizenzen wurden anfangs durch ein angehängtes X gekennzeichnet. Außer einem
A für einen zweiten, angemeldeten, festen Standort gab es damals keinen dritten Suffixbuchstaben.
Es zeigte sich, dass viele OMs mit ihren Möglichkeiten auf UKW durchaus zufrieden waren und deshalb keine Morseprüfung
anstrebten. So gaben die Oberpostdirektionen bald getrennte Rufzeichenblöcke für die C-Lizenzen aus. Man muss dabei bedenken,
dass Ende der 1960er Jahre der professionelle UKW-Funkbetrieb vom 50-kHz- auf das 20-kHz-Raster umgestellt wurde und deshalb
viele FM-Quarzgräber wie Taxifunkgeräte auf dem Gebrauchtmarkt erschienen. Das führte auch zu den ersten FM-Relais
im 2m-Band, deren erstes 1969 auf dem Moritzberg östlich von Nürnberg stand. Man konnte also für wenig Geld Geräte kaufen, die
sich mit geringem Aufwand umbauen ließen, und damit recht beachtliche Entferungen überbrücken.
Die nächste Änderung gab es 1980: Die alte Klasse A wurde in die Klasse B überführt – nach der entsprechenden
Prüfung bekam man also gleich die Klasse B. Die neue Klasse A forderte nur noch eine Morseprüfung mit 30 Buchstaben/min.
Dafür waren die Möglichkeiten auf der Kurzwelle gegenüber der Klasse B eingeschränkt. Dafür wurden DH-Rufzeichen ausgegeben.
1998 wurden wieder die Klasse A und die Klasse B zusammengeführt und als Klasse 1 bezeichnet. Die Klasse C
wurde zur Klasse 2. Zusätzlich wurde die Einsteigerklasse 3 mit vereinfachter Prüfung und ohne Morseprüfung eingeführt.
Nachdem Anfang des neuen Jahrtausends die internationale Vereinbarung Kurzwelle nur mit Morseprüfung aufgegeben wurde,
wurden 2005 die Klasse 1 und 2 zu einer neuen Klasse A vereinigt und die Klasse 3 zur Klasse E.
Zusätzlich dürfen seitdem OMs mit Klasse E auch mit begrenzter Sendeleistung auf einigen Kurzwellenbändern arbeiten.
Die Rufzeichenblöcke
Ab 1949 wurden folgende Rufzeichenblöcke ausgegeben, jeweils mit zwei Suffixbuchstaben:
- DL1 und DL3 für Bürger der drei Westzonen bzw. der Bundesrepublik Deutschland [1]
- DL2 für britische Militärangehörige [6]
- DL4 für amerikanische Militärangehörige
- DL5 für französische Militärangehörige
- DL6 für Bürger der Bundesrepublik Deutschland, als 1950 DL1 und DL3 aufgebraucht waren [2].
- DL7 für Westberlin; auch Clubstationen, z.B. DL7AC "DARC US Sector"
- DL0 für Clubstationen in der Bundesrepubik Deutschland (unpersönliche Rufzeichen)
Eine ziemlich graue Geschichte war ab 1949 die Nutzung von DK8- und später DL8-Rufzeichen durch Funkamateure,
die in Ost-Berlin lebten und von Westberlin aus funkten [10]. Manche von ihnen
wurden zu langjährigen Haftstrafen oder von sowjetischen Militärgerichten zum Tod verurteilt und in der Sowjetunion
hingerichtet. Die juristische Lage war auch im Westen klar: Das waren keine offiziell lizensierten Funkamateure,
der Funkverkehr mit ihnen war also verboten.
Anschließend kam dann auch DL9 an die Reihe [5]. Spätestens ab 1953 wurden auch DJ-Rufzeichen
ausgegeben [4], [8]. 1957 wurden beispielsweise DJ4-Rufzeichen ausgegeben [5].
DJ0 wurde ab 01.10.56 an zivile Ausländer ausgegeben – ein Ansatz, den die BNetzA mittlerweile aufgab.
Ein Leser dieser Seite wies mich darauf hin, dass auch DD5 für zivile Ausländer benutzt worden sei.
Das wusste ich bislang nicht, aber ein Blick in die Rufzeichenliste lässt das plausibel erscheinen.
DJ0 waren Rufzeichen der Klasse A und DD5 der Klasse C (nur UKW und höher).
Ab einem mir noch nicht bekannten Zeitpunkt wurden an die militärischen Ausländer
DA-Rufzeichen ausgegeben: Aus DL4 wurde DA1, aus DL2 und DL5 wohl DA2.
Anscheinend wurden die Rufzeichen der ausländischen Militärangehörigen nicht unbedingt über deutsche Lizenzprüfungen vergeben.
So findet sich in [7] der Hinweis: Licensed U.K. operators in the Services [...] can obtain a DL2
licence for amateur operation in Germany on application to: Joint Communications Electronics Board, British Forces Germany,
c/o Hq. B.A.O.R., B.F.P.O. 40..
Nach dem Anschluss des Saarlandes an die Brundesrepublik 1957 bekamen die OMs statt ihrer seit 1951 ausgegebenen 9S4-Calls
Rufzeichen aus dem Block DL8 [20].
Die meisten Rufzeichen aus den 1960er Jahren bekamen den Präfix DK, wobei DK0 wieder für Clubrufzeichen reserviert war.
Ab 01.08.1965 wurden an Mitglieder der Gaststreitkräfte nur noch DL4- und DL5-Rufzeichen ausgegeben.
Die DL2-Rufzeichen wurden dann an Deutsche zugeteilt. Alte DL2-Rufzeichen liefen spätestens am 31.12.1975 ab.
Frühe Rufzeichen mit 3 Suffixbuchstaben
1967, es wurden gerade DK2-Rufzeichen ausgegeben, wurde die C-Lizenz ohne Morseprüfung (nur UKW) eingeführt. Die ersten
C-Lizenzen bekamen so Rufzeichen nach dem Muster DK2xxX – ich erinnere mich noch an Manni, DK2EKX.
Für Mitglieder der Gaststreitkräfte gab es von Anfang an einen eigenen Präfix für Klasse C: DA4
Nachdem sich das mit dem Zwischenstadium bis zur Morseprüfung doch nicht so entwickelte, bekamen die C-Lizenzler bald
DC- und dann DB-Rufzeichen. DB0 wurde anfangs für Clubstationen benutzt, deren Verantwortliche die
Klasse C besaßen, sowie für automatische Stationen auf 2m und höher.
Es gab noch zwei weitere Gründe für drei Suffix-Buchstaben: Mitbenutzer-Lizenzen wie Hedi, DL9XJM, die XYL von DL9XJ in Bremen
[9], und Kennzeichnung eines zweiten festen Standorts. Während meiner Bundeswehrzeit nutzte ich DL4NOA,
wenn ich von der Kaserne aus funkte.
Für Sonderstationen gab es meiner Erinnerung nach auch damals schon gelegentlich Rufzeichen mit drei Suffix-Buchstaben.
Solche Rufzeichen waren aber lange die absolute Ausnahme.
Entwicklungen ab den späten 1960er Jahren
DB0-Calls für Clubstationen wurden immer seltener. Spätestens mit dem Ende der Morseprüfungen gibt es wohl keinen Grund mehr
für Clubrufzeichen mit UKW-Call. Heute sind wohl so ziemlich alle DB0-Rufzeichen für automatische Stationen, z.B. Relais
vergeben. Automatische Stationen im Kurzwellenbereich benutzen DL0- oder DK0-Rufzeichen, z.B. die Bake DL0IGI. Heute gibt
es auch die anderen, nach ITU-Vorgaben möglichen deutschen Präfixe; allerdings nur für Sonderstationen, etwa DP0POL, die
deutsche Antarktisstation.
So langsam füllten sich die Rufzeichenblöcke. Für die C-Lizenz wurden noch die Präfixe DG und DD eingeführt, für die A-Lizenz
DF. Anfang der 1970er Jahre gab es dann eine große Aufräumaktion: Die letzten militärischen Ausländer wurden zwangsweise
nach DA umgetauft – ich erinnere mich noch an Fred, DL4SF, der plötzlich DA1SF hieß. die letzten DK2xxX-Rufzeichen bekamen
reguläre C-Lizenz-Calls. 1974-75 wurden die Blöcke DL4 und DL5 an Bürger der Bundesrepublik Deutschland als Klasse-B-Rufzeichen
ausgegeben.
Diese Maßnahmen konnten den bisherigen Namensraum bis Ende der 1970er Jahre stecken: Die Bundesrepublik hatte nur DA
bis DL zur Verfügung; DM bis DT gehörte der DDR und DU bis DZ nutzen bis heute die Philipinen. DE sollte wegen des Verkehrszeichens
(de = von) nicht benutzt werden und DH wurde ab
1980 für die neue Klasse A benutzt. Der Ausweg war die Ausgabe von Rufzeichen mit drei Suffix-Buchstaben.
Mit der Wende 1989 bekam die Bundesrepublik Deutschland von der ITU auch den Rufzeichenblock DM bis DT zugeteilt. So konnte man
1998 der Klasse 3/Klasse E den Rufzeichenblock DO zuordnen. Auch DM gibt es wieder, als Klasse-A-Rufzeichen. So mancher
OM bekam so sein altes DDR-Rufzeichen zurück, nachdem die DDR ihren Funkamateuren 1979 Y2-Rufzeichen zugeteilt hatte.
Wiedervergabe von Rufzeichen
Rufzeichen werden dem OM zugeteilt, sind aber nicht dessen Eigentum. Es gibt diverse OMs, die die Lust am
Hobby verloren. aber irgendwann doch wieder eine Lizenz haben wollten. So lange die entsprechenden Unterlagen bei der
Bundesnetzagentur noch vorhanden sind, kommen diese OMs wohl ohne erneute Prüfung zu einer Lizenz. Aber ihr altes Rufzeichen
ist dann häufig futsch und sie bekommen ein neues Rufzeichen.
Anders herum gibt es OMs, die sich für den Vorbesitzer ihres Calls interessieren. Den Namen bekommt man entweder über
eine alte Rufzeichenliste heraus – die gab es früher als offizielles Druckwerk der deutschen Bundespost zu kaufen und
hatte das Format eines Telefonbuchs. In größeren Abständen erstellt die BNetzA eine Rufzeichenliste im PDF-Format
zum Herunterladen [3].
Wer auf diesen Wegen nicht weiterkommt, kann sich an das Dokumentationsarchiv zur Erforschung der Geschichte des Funkwesens und der elektronischen Medien (aka QSL-Karten-Archiv)
wenden: Ein OM bekam von dort die Kopie einer QSL-Karte seines Rufzeichenvorgängers aus dem Jahr 1954. Auf der Karte mit
dem DL4-Rufzeichen war auch ein W2-Rufzeichen und der Name. Über diese Website fand er zu mir und ich fand den Namen im
Friedhofsverzeichnis einer Kleinstadt in Neuengland, was zum W2-Call passt. Gut möglich, dass der gesuchte OM 1997 starb und
auf diesem Friedhof liegt.
Aus dieser Episode kann man auch erkennen, wie viel Glück wir mit unseren Vergabesystem haben: In vielen Ländern, früher auch
in den USA, konnte man nach dem Umzug in einen anderen Rufzeichendistrikt sein altes Rufzeichen verlieren. So lange wir die
Lizenzklasse nicht wechseln und das Rufzeichen nicht freiwillig zurückgeben, können wir das Call als Teil unserer Identität
benutzen. Wenn ich zu einem fremden Funkamateurtreffen gehe, stelle ich mich vor als Alexander, DL4NO. Dann kommt
immer wieder die Gegenfrage: Bist Du der mit der Kurzwellen-Mobilstation? Anscheinend hat diese Website doch einen
gewissen Bekanntheitsgrad...
Die Gründergeneration ist abgetreten
Anfang 2015 glich ich die Liste [1] mit den aktuellen Beständen der Bundesnetzagentur
ab. Die rund 1.500 Rufzeichen (DL1, DL3, DL7) waren ganz überwiegend vergeben, aber nur noch rund 60 davon an die Erstbesitzer.
Zwei davon fand ich, die sogar noch (oder wieder) an den gleichen Adressen wohnen. Das DL1-Rufzeichen eines früheren Nachbarn
benutzt jetzt seine Tochter. Bei den neuen Besitzern fällt auf, dass sie das Rufzeichen häufig zu ihren Initialen passend
ausgesucht haben.
Die BNetzA hat heute viel mehr Freiheiten bei der Rufzeichenvergabe als damals bei mir in den 1970ern: Jede Oberpostdirektion
hatte ein Kontingent nach dem ersten Suffix-Buchstaben. Zum "N" konnte ich mir neben einem DF-Präfix letztlich nur noch den
letzten Buchstaben aussuchen. Das tat ich anhand des Morse-Alphabets. Ich erinnere mich, dass der für den Amateurfunk
zuständige Beamte der Oberpostdirektion (OPD) eine Kladde hatte, in der es für jedes Rufzeichen aus seinem Kontingent
ein Feld gab. Dort trug er nach bestandener Prüfung die persönlichen Daten ein, so dass man sein Rufzeichen gleich mitnehmen
konnte. Deshalb wurde das Rufzeichen im Bescheid auch handschriftlich eingetragen. Das war die Zeit als die ersten Firmen als
Begründung für irgendwelche Verzögerungen angaben, dass sie gerade auf EDV umstellten.
Einige der Rufzeichen haben sicher nicht nur für mich einen speziellen Klang. Manche dieser Rufzeichen würde ich mir deshalb
nicht zuteilen lassen, etwa DL1BU –
ich käme mir vor wie ein Geist. Aber auch solches Wissen geht den Weg alles Irdischen.
Literaturhinweise
- [1] Rufzeichenliste der deutschen Amateur-Funkstellen
- Beilage zur"CQ" 2/1950, herausgegeben von Deutschen Amateur Radio Club
Diese Liste liegt mir vor. Auch wenn die Daten 65 Jahre alt sind, sind des personenbezogene Daten. Deshalb werde ich sie
nicht einfach ins Internet stellen. Aber mit einer vernünftigen Begründung kann man von mir eine PDF-Datei bekommen.
- [2] Hornsteiner, Matthias (DG4MHM): 90 Jahre Amateurfunk im Kloster Ettal
- In: Funkamateur 6/2014, S. 608ff
- [3] Rufzeichenliste der Bundesnetzagentur als PDF-Download:
http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/ Frequenzen/Amateurfunk/Rufzeichenliste/Rufzeichenliste_AFU.pdf?__blob=publicationFile&v=5
- [4] Brandt, H.J. (DJ1ZB): Erinnerungen eines Oldtimers (14)
- in: cqDL 10/2015, S. 45
- [5] Wengert, Dieter (DJ4DM): Erinnerungen eines Oldtimers (17)
- in: cqDL 12/2015, S. 48
- [6] (ohne Autorenangabe) The Other Man's Station: DL2BC
- in: The Stort Wave Magazine, March 1960, p. 43 (London, GB)
Vorstellung der Station von Sgt. John Akehust, Royal Signals, 212 Signal Squadron, B.F.P.O.36 in Osnabrück
- [7] (ohne Autorenangabe) Obtaining DL2 Licences
- in: The Stort Wave Magazine, April 1960, p. 101 (London, GB)
- [8] Sengbusch, C.H., von (DJ2DK): Erinnerungen eines Oldtimers (23)
- in: cqDL 5/2016, S. 52f
- [9] Grabau, R. (DJ3FO): Erinnerungen eines Oldtimers (28)
- in: cqDL 11/2016. S, 44f
- [10] Dokufunk: Afu-Geschichte DDR Folgen 1-38 [Eine Zusammenfassung erschien 2011 beim Funk-Telegramm]
- [11] I.A.R.U. News
- In: QST June 1948, p. 35
- [12] I.A.R.U. News
- In: QST October 1948, p. 104
- [13] Foreign Notes
- In: QST May 1945, p. 69
- [14] Foreign Notes
- In: QST October 1945, p. 37
- [15] Hoyer, Gerhard (DJ1GE): Der steinige Weg zur Sendelizenz
- In: cqDL 9/2018, S. 50
- [16] Körner, Felix (DL1CU): Geschichte des Amateurfunks.
[Ohne Jahreszahl und Verlag, wohl 1963], S. 178
- [17] Foreign Notes
- In: QST June 1947, p. 45
- [18] I.A.R.U. Notes
- In: QST September 1947, p. 132
- [19] Weber, C. (DM4EAX): Historie des Amateurfunkgesetzes
- In: 70 Jahre Amateurfunkgesetz in Deutschland – DL70AFUG bis zum 31. Dezember 2019 on Air.
https://www.darc.de/der-club/distrikte/l/ortsverbaende/11/dl70afug (abgerufen 191115).
- [20] Jung, L.H. (DH4IAB); 5ß Jahre Amateur-Radio-Club im Saarland
- In: cqDL 5/2001, S. 332f
- [21] Campbell, B.B.: The Radio Hobby, Private Associations, and the Challenge of Modernity in Germany.
Palgrave Macmillan, 2019 [https://www.palgrave.com/gp/book/9783030265335
- Auf dieses Buch wies OE1WHC in der cqDL 11/2020, S. 16 hin. Ich kenne es nicht weiter.
- [22] The Story of Amateur Radio
- In: The Radio Amateur's Handbook, Tenth Edition. ARRL, 1933, p. 3
- [23] Mike Ritz: The Storied History of the Ham Radio Callsign
- Das ist primär die Geschichte der Amateurfunk-Rufzeichen aus US-Sicht.
Nachdem die Frühzeit des Amateurfunks vorzugsweise in den USA stattfand, ist das keine zu starke Einschränkung
- [24] Amateur Radio Callbook - Fall 1954 Foreign
- Das weltweit vollständigste Verzeichnis von Funkamateuren, wohl bis heute. Es gibt jeweils einen Band USA
und für den Rest der Welt.
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