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Katastrophenvorsorge: Beispiele für Bedrohungen


Die folgenden, teils passierten und teils denkbaren Bedrohungslagen konzentrieren sich auf das Thema Stromausfall, weil der sofort und allumfassend unser Leben beeinträchtigt. Dabei muss man immer bedenken, dass das Stromnetz nach dem Prinzip des einfachen Fehlers aufgebaut ist: Ein einzelner Fehler darf sich nach außen nicht bemerkbar machen. Jeder weitere Fehler kann dazu führen, dass das ganze Netz wie ein Kartenhaus zusammenfällt. Im Klartext: Nach so einem Fehler ist der Blackout nur noch einen Wimpernschlag weit entfernt.

Was es in diesem System noch an Reserven gab, ist mittlerweile im Regelbetrieb eingesetzt. Sonst hätten die Kraftwerksabschaltungen der letzten Jahre schon zu drastischen Folgen geführt. Und wie wird das der Öffentlichkeit verkauft? Seht her, wir schalten ab und was passiert? Nichts!

40 cm Schnee in zwei Tagen

Die Überschwemmungen im Juli 2021 waren letztlich Katastrophen mit Ansage: Jeder konnte Tage vorher einschlägige Warnungen lesen – angefangen von einer europäischen Beobachtungsstelle, die nach den Fluten im Jahr 2003 extra dafür gegründet wurde, über den Deutschen Wetterdienst bis zu den einschlägigen Apps wie NINA. Nur nahmen viele Verantwortliche diese Meldungen nicht wirklich ernst. Und als es so weit war, klappte häufig noch nicht mal die Alarmierung. Plötzlich stand die Feuerwehr vor der Tür: "Raus, sofort!"

Es geht aber auch eine Runde kleiner: Anfang Dezember 2023 fielen in München innerhalb von zwei Tagen reichlich 40 cm Schnee, gefolgt von flächendeckendem Glatteis – siehe rechts. Der Flughafen München war zweimal vollständig gesperrt. In Oberbayern gab es einige Stromausfälle. Der östliche Autobahnring um München war zeitweilig komplett gesperrt. Da wäre wohl mancher froh gewesen, wenn er einige Vorräte im Haus gehabt hätte.

Zu den wahrscheinlichsten Auslösern von großräumigen Katastrophen zählen Probleme im europaweiten Stromnetz. Die konkreteste Gefahr sind aktuell Cyberangriffe auf die Steuerungs-Infrastruktur. Im Mai 2021 legten Kriminelle eine Pipeline lahm, die für die Versorgung der US-Ostküste enorme Bedeutung hat. Da kann man nur hoffen, dass in Europa die Steuerungsinfrastruktur der Energieversorger besser geschützt ist. Bei uns greifbar ist die Zahl der Eingriffe, mit denen die Stromnetzbetreiber das europäische Verbundnetz stabil halten [17]. Wenn die schon im Routinebetrieb so häufig nötig sind – was kann dann noch getan werden, wenn eine Fehlerkette losbricht oder ein Orkan wütet?

Im Juli 2021 zeigte sich, dass Hacker, sozusagen als Kollateralschaden, auch mal einen großen Lebensmittelhändler lahmlegen können [23]. In Schweden, mit seiner geringen Bevölkerungsdichte und oft großen Abständen zwischen Einkaufsmöglichkeiten, wird wohl mancher ins Nachdenken gekommen sein. In diesen Gegenden dürfte Vorratshaltung aber sowieso üblich sein: Im Winter gibt es dort immer wieder reichlich Schnee.

Auch Sonnenstürme können einen Blackout auslösen [18], [26], der besonders fatal werden kann: Teile des Stromnetzes wie große Transformatoren können zerstört werden. Erstmals wurde dieser Effekt im Jahr 1859 beobachtet, beim Carrington-Ereignis [31]. Siehe auch [100] und [101]. 1989 löste ein Sonnensturm in der Region Quebec einen Blackout aus, von dem sechs Millionen Menschen betroffen waren.

Recht glimpflich ging auch der Stromausfall in Berlin-Köpenick [6] im Februar 2019 ab: Nach 31 Stunden gab es überall wieder Strom und im Zweifelsfall konnte man ein paar Kilometer weiter ganz normal einkaufen. Trotzdem musste die Intensivstation des Krankenhauses geräumt werden. Wäre der Stromausfall großflächig gewesen, hätte es vermutlich Tote gegeben. Sucht man bei Youtube nach Stromausfall Köpenick wird deutlich, wie sehr die Zivilgesellschaft durch einen Stromausfall von Kommunikationsmöglichkeiten abgeschnitten wird.

Am 21. Mai 2021 um 3:50 h kam es im Münchner Osten zu einem Stromausfall, der u.a. 20.000 Haushalte für Stunden bis Tage vom Strom abschnitt. Die Folgen waren ähnlich wie in Köpenick. Das Neue war, dass es sich wohl um einen Terrorangriff aus politischen Gründen handelte. Gegen solche Angriffe sind wir weitgehend schutzlos: Wir können nicht an jeden Hochspannungsmasten eine Wache installieren.

Die Gefahr wird auch durch die Energiewende deutlich größer, denn wir brechen gerade den stabilsten Teil unserer Stromversorgung ab, ohne dafür geeigneten Ersatz aufgebaut zu haben. Beispielsweise wurde im Jahr 2006 eine Hochspannungsleitung in Norddeutschland abgeschaltet, um auf der Ems ein neues Kreuzfahrtschiff aus der Werft ins Meer zu bringen. Durch eine Verkettung von Zufällen löste das einen Stromausfall bis nach Spanien aus. Zum Glück konnten die Probleme innerhalb einer halben Stunde behoben werden – dank des großen Netzes, das den Störfall auffangen konnte.

Am 8. Januar 2021 schrammten wir haarscharf an einem großflächigen Stromausfall vorbei [1], [2], der beispielsweise am Flughafen in Wien Schäden von über 200.000 EUR verursachte [10]. In Deutschland blieben wir von den Auswirkungen verschont, weshalb das Ereignis in der hiesigen Presse weitgehend unerwähnt blieb. Auslöser war die Überlastung eines Umspannwerks in Kroatien, wohl ausgelöst durch die Abschaltung diverser AKW für Wartungszwecke in Frankreich und einer Kältewelle in Spanien. Das europäische Stromnetz konnte nur noch durch Lastabwürfe in Italien und Frankreich stabilisiert werden, wo Großverbrauchern wie Industriebetrieben buchstäblich von einer Sekunde auf die andere der Strom automatisch abgeschaltet wurde. So standen in Südost-Europa und der Türkei die Leistung von mehreren AKW oder großen Braunkohlekraftwerken zu viel zur Verfügung, die in West- und Mitteleuropa fehlten. Natürlich führte diese Maßnahme zu Produktionsausfällen und Schäden in den betreffenden Betrieben. Aber solche Maßnahmen sind für genau solche Notfälle zulässig.

Am 17.05.21 um 16:34 h (MESZ) fielen im größten polnischen Braunkohlekraftwerk 10 der 11 Blöcke aus [15], [16]. Die Ursache war wohl wie im Januar die Notabschaltung eines Umspannwerkes, diesmal in der Nähe der Kraftwerksblöcke. Deshalb gingen 10 Blöcke gemeinsam vom Netz. Diese Kraftwerke erzeugen 20% des in Polen verbrauchten Stroms. Ich habe so meine Zweifel, dass das europäische Verbundnetz so ein Ereignis in zwei Jahren noch so wegstecken kann, wenn in Deutschland zahlreiche weitere Kraftwerke vom Netz gegangen sind. Denn ohne Strom aus den Nachbarländern wäre das polnische Stromnetz zusammengebrochen.

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Alexander von Obert * http://www.dl4no.de/thema/katastr3.htm
Letzte Änderung: 05.12.23 (Bild und Text ergänzt)


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