Solarmodule sieht man heute überall: einzeln oder in Paaren am Balkon, in größeren Gruppen auf Dächern.
Was kaum jemand bedenkt: Gerade wenn man den Strom am dringensten bräuchte, liefern schätzungsweise 99% dieser Anlagen keinen Strom.
Ihre netzgeführten Wechselrichter schalten ab, wenn sie keine Netzspannung sehen.
Den Netzstecker eines Balkonkarfwerks kann man jederzeit aus der Dose ziehen und die Stifte anfassen: Da ist keine Spannung dran!
Dieses Verhalten muss so sein, nicht nur bei einem Balkonkraftwerk:
Das Stromnetz muss Spannung, Frequenz und Phasenlage vorgeben, sonst erschießen sich die Wechselrichter gegenseitig.
Sicherheitsgesichtspunkte gibt es natürlich auch, spätestens wenn Monteure einen Kabelfehler beseitigen sollen.
Inhalt
Solarstrom bei Stromausfall
Wenn es nur darum geht, im Notfall ein Existenzminimum an Strom sicher zu stellen,
reichen die Maßnahemn aus, die ich hier schon beschrieben habe.
Wer seine Solaranlage aber auch bei Stromausfall nutzen will, sollte andere Maßnahmen ergreifen.
Notstrom aus Balkonkraftwerk
Wer von seinem Balkonkraftwerk auch bei Stromausfall etwas haben will,
muss die typisch 30 V Gleichspannung aus den Solarmodulen direkt nutzen.
In aller Regel bedeutet das den Einsatz eines Akkus, um den Verbrauch vom Sonnenschein entkoppeln zu können.
Die Stecker an den Solarmodulen sind genormt.
Wenn man sich die Stecker genau ansieht, erkennt man auch die Verriegeung. Die kann man notfalls ohne Werkzeug öffnen.
WARNUNG: Solarstecker darf man nur öffnen, wenn keine Sonne auf die Solarmodule scheint.
Gleichspannung kann man nicht so leicht unterbrechen wie die gewohnte Wechselspannung.
Es können Lichtbögen entstehen, die große Hitze entwickeln.
Neben Eigenbaulösungen gibt es heute auch Powerstations, die mit Solarstrom geladen werden können.
Als Notstromversorgung sind Powerstations aber nur begrenzt geeignet:
Sie entladen sich schnell.
Technische Details siehe hier (ziemlich technisch!).
Die neueste Entwicklung sind Powerstations, die zusätzlich einen netzgeführten Wechselrichter enthalten.
Deren Steuerung ermöglicht beispielsweise, kontinuierlich 100 W oder so ins Netz einzuspeisen.
So viel Leistung verbrauchen viele Haushalte rund um die Uhr, man verschenkt also keinen Strom an den Netzbetreiber.
Wenn man diese Einspeisung beendet, ehe der Akku leer ist, hat man bei Stromausfall immer etwas Energie zur Verfügung.
Dach-Solaranlagen liefern keinen Notstrom
Die meisten Solaranlagen haben keinen Speicher.
Das ist die Lösung, die am billigsten ist und sich am ehesten finanziell rechnet.
Selbst wenn eine Solaranlage mit einer Batterie gekoppelt wird,
hilft das in den meisten Fällen nicht weiter: Ohne Stromnetz schaltet sie einfach ab.
Das liegt am Aufbau: An den Solarmodulen hängen netzgeführte Wechselrichter.
Der einzige Unterschied zu einem Balkonkraftwerk ist die höhere Leistung.
Der Akku ist eine völlig getrennte Einheit aus zwei Kompomenten:
- Der Akku hängt über Ladegerät und Wechselrichter am Stromnetz, ohne direkte Verbindung zur Solaranlage.
- Ein Leistungsmesser am Hausanschluss steuert, ob der Akku geladen oder entladen wird –
und mit welcher Leistung.
Im Idealfall versorgt sich das Haus aus Solarmodulen oder Akku.
Aus dem Netz wird nur Leistung bezogen, wenn der Akku leer ist oder die Stromaufnahme zu groß.
Typischer Fall: Laden eines Elektro-Autos.
Ist der Akku voll und die aktuelle Solarleistung größer als der Verbrauch im Haus,
wird der Überschuss ins Stromnetz eingespeist.
Diese Lösung aus Solaranlage und getrenntem Speicher ist technisch vergleichsweise problemlos
und für die Solarteure leicht zu beherrschen.
Deshalb wird man seinen Handwerker zu irgendwelchen Alternativen tragen müssen – sofern er sich darauf überhaupt einlässt.
Die Auftragslage ist zu gut, als dass er sich auf solch komplexen Kram einlassen müsste.
Dach-Solaranlage notstromfähig machen
Der Schlüssel für eine notstromfähige Dach-Solaranlage ist, die Solarmodule direkt mit den Akkus zu verbinden.
Die Geichspannung aus den Solarmodulen wird in eine andere Gleichspannung umgesetzt, denn die Spannungen an den Solarmodulen
hängen von der Sonneneinstrahlung ab, während die Akkuspannung vom Ladezustand abhängt.
Dieser Umwandlungsvorgang ist aber viel einfacher als das, was in einem Wechselrichter passiert:
Das Bild rechts zeigt das Innenleben eines 250-W-Ladereglers – die Platine ist 8 x 10 cm groß
und kommt ohne ausdrücklichen Kühlkörper aus.
Der Wechselrichter ändert nicht nur die Spannung, sondern erzeugt aus der Gleichspannung eine Wechselspannung.
Wechselrichter haben deshalb einen deutlich höheren Eigenverbrauch als die Gleichspannungswandler in Ladereglern.
Das ist wichtig, weil es häufig genug Tage ohne Sonnenschein gibt.
Dann kann ein ein Laderegler immer noch Leistung liefern, und wenn es nur 5% der Maximalleistung sind.
Kleinviel macht auch hier Mist!
Im nächsten Schritt wird die Gleichspannungs-Leistung mit einem netzgeführten Wechselrichter ins Stromnetz eingespeist.
Die Nulleinspeistung funktioniert wieder wie oben: Der Wechselrichter liefert nach Möglichkeit genau so viel Leistung,
wie im Haus gerade benötigt wird.
Grenzen der Nulleinspeisung
Die Nulleinspeisung, also das feinfühlige Anpassen der eingespeisten Leistung an den aktuellen Verbrauch,
hat diverse Nachteile:
- Der Wechselrichter ist immer noch netzgesteuert, liefert also bei Netzausfall keinen Strom.
- Der Wechselrichter hat eine Nennleistung von diversen kW. Auch wenn er bei Volllast einen theoretischen Wirkungsgrad
von 97% hat, ist der Wirkungsgrad gerade bei kleinen Leistungen ziemlich bescheiden.
Wenn man seine Elektroinstallation sauber optimiert hat,
nimmt das Haus z.B. außerhalb der Heizperiode bei Nacht nur 100-200 W auf.
Dann hat der Wechselrichter sicher einen Wirkungsgrad unter 50%, eher in der Größenordung 20%.
- Die Nulleinspeisung hat eine Verzögerungszeit. Es gibt Nulleinspeisungs-Regelungen, die alle 10 s eine Messung machen.
Wenn z.B. der Kühlschrank seinen Kompressor einschaltet,
braucht der für ein paar zehntel Sekunden das Vierfache des normalen Stroms,
um dann z.B. 20 min lang einen recht konstanten Strom zu ziehen. Dann wird der Kompressor wieder ausgeschaltet.
Dieser Vorgang wiederholt sich etwa 10 000 mal im Jahr, jeweils mit einem Stromstoß aus dem Netz am Anfang
und einen Stromstoß ins Netz am Ende.
- Größere Solaranlagen müssen für den Netzbetreiber abzuschalten sein.
Dann liegt die gesamte Solaranlage lahm und das Haus muss mit Netzstrom betrieben werden.
Es gibt Industrieunternehmen, denen regelmäßig genau letzteres passiert: Mehrere 100 EUR Stromrechnung pro Tag,
obwohl die Solaranlage mehr als genug Strom hätte liefern können!
Diese Abschaltung von regenerativen Erzeugungsanlagen ist keine Schikane der Netzbetreiber:
Wir haben mittlerweile viel mehr regenerative Stromerzeugungsanlagen, als das Stromnetz verkraften kann –
sowohl lokal im Nieder- und Mittelspannungsnetz, als auch überregional im Hochspannungsnetz.
Das wird sich nur ändern, wenn das Stromnetz massiv ausgebaut wird UND die Speicherkapazitäten für Strom
um einen zweistelligen Faktor vervielfacht werden. Das ist, realistisch betrachtet,
eine Aufgabe für Jahrzehnte [104].
Das Haus komplett umschalten?
Im Prinzip könnte man am Hausanschluss einen Umschalter installieren, der das Haus komplett vom Stromnetz trennt.
Wenn man dann noch den Wechselrichter so umschaltet, dass er ein Inselnetz versorgen kann,
dann könnte man zeitweise vom Stromnetz unabhängig werden. Meines Wissens sind solche Konstruktionen in Deutschland aber verboten.
Zudem hätte so eine Lösung auch technische Nachteile:
- Das Wirkungsgrad-Problem des Wechselrichters bei extremem Teillastbetrieb bleibt erhalten.
- Vermutlich will man diverse große Verbraucher nicht laufen haben, wenn man nur noch ein paar kWh in den Akkus hat
und die Solaranlage gerade kaum etwas liefert.
Eine Notstrom-Phase betreiben
Unsere Hausanschlüsse liefern Drehstrom, also drei Phasen,
die alle gegen den Nullleiter (nicht Schutzerde!) 230 V liefern. Diese drei Sinusspannungen sind 120° gegeneinander versetzt,
was diverse technische Vorteile hat. Der Elektriker verteilt im Sicherungskasten die einzelnen Stromkreise so auf die drei
Phasen, dass der Verbrauch möglichst gleichmäßig verteilt wird. Nur einzelne Großverbraucher, vom Elektroherd bis zur Wallbox,
werden mit allen drei Phasen verbunden.
Die Bezeichnung Notstrom-Phase habe ich gewählt, damit Ihr Elektriker ggf. versteht, worum es geht.
Mit dem Elektriker sollten Sie auch diskutieren, ob der Netzbetreiber die hier beschriebene,
in der Zeichnung rot gekennzeichnete, Konstruktion überhaupt zulässt.
Ich gebe hier Erfahrungen weiter, die ich mit meinem Notstrom-Inselnetz gewonnen habe.
Dieses Netz hat keine Verbindung zum normalen Stromnetz und interessiert den Netzbetreiber deshalb nicht.
Unter einer Notstrom-Phase verstehe ich eine getrennte Speisung für Geräte, die folgende Bedingungen erfüllen:
- Die Leistungsaufnahme ist relativ gering. Das gilt z.B. für Beleuchtung, Computerei, Telekommunikation
(Radio, Starlink...) oder Küchengeräte vom Kühlschrank
bis zum Eierkocher – nicht aber für Wasserkocher oder Elektroherd.
- Diese Geräte sollen auch bei einem Stromausfall weiter funktionieren.
Wärme sollte man während eines Stromausfalls nicht aus Strom erzeugen. Ein Gas-Campingkocher kostet nicht viel,
liefert aber mehrere kW an Wärme. Wer einen Gasgrill im Garten stehen hat, sollte eine Ersatzflasche in die Garage stellen.
Die Steuerung einer Ölheizung könnte man wohl einbeziehen, Wärmepumpen aber nicht.
Die Notstrom-Phase wird routinemäßig von einem relativ kleinen Wechselrichter (1-2 kW)
direkt aus der Batterie der Solaranlage versorgt und hat dann keine Verbindung zum Stromnetz.
Solche Wechselrichter gibt es mit einem Eigenverbrauch unter 20 W.
Das ist aber auch schon eine halbe kWh/Tag, bei einer Speicherkapazität von beispielsweise 10 kWh.
Diese Notstrom-Phase erspart der Steuerung der Nulleinspeisung eine Menge Zappelei:
Beispielsweise der Kühlschrank wird ja direkt aus der Batterie versorgt.
Der große Wechselrichter mit z.B. 10 oder 20 kW Nennleistung springt nur noch an,
wenn Elektroherd, Wachmaschine oder Wärmepumpe eingeschaltet werden.
Sein Eigenverbrauch wird deutlich niedriger, z.B. um 1-2 kWh/Tag.
Jetzt fehlt nur noch ein Schaltungsteil: Wenn der Akku leer wird, muss auch der kleine Wechselrichter für die Notstrom-Phase
abgeschaltet werden. Dann verbindet ein Umschalter auch die Notstrom-Phase mit em Stromnetz.
Der große Pferdefuß dieses Vorschlags: Lupenrein verwirklichen kann man diese Lösung nur,
wenn man sein Haus sowieso neu verkabelt. Die zusätzliche Phase im Sicherungskasten ist vor allem ein Platzproblem.
Aber in aller Regel bekommt jeder Raum seinen eigenen Leitungsschutzschalter (Sicherung),
an dem dann Steckdosen, Licht usw. hängen. In der Küche bräuchte man aber ein paar Steckdosen für Wasserkocher, Kaffeemaschine usw.
Auch Staubsauger und manche Elektrowerkzeuge brauchen wenigstens zum Anlauf mehr Strom,
als der 2-kW-Wechselrichter liefern kann.
Im Gang oder Treppenhaus müssten deshalb Hochlast-Steckdosen installiert werden.
Nein, das ist keine andere Bauform. Diese Steckdosen sind aber direkt mit dem Stromnetz verbunden
und können über 3 kW liefern – pro Stromkreis, also gleichzeitig mehrfach im Haus.
Schließt man ein Gerät mit zu hoher Leistungsaufnahme an die Notstrom-Phase an, überlebt das der Wechselrichter problemlos.
Meist schaltet er seine Ausgangsspannung nur für ein paar Sekunden ab und versucht, dann wieder zu starten.
Diese Stromunterbrechung würde aber auch den Computer treffen, auf dem gerade der Feinschliff an einem Vortrag passiert.
Das sind aber heute meist Notebooks mit Batterie. Also flackert nur der externe Monitor und
die Internet-Verbindung ist für 1-2 min weg.
Für mein Notstrom-Inselnetz ging ich einen anderen Weg:
Die alte TAE-Dose für das Analogtelefon ersetzte ich durch eine zusätzliche Steckdose, die ausschließlich am Wechselrichter hängt
– ich wusste, warum ich bei der Küchenrenovierung auf Leerrohren bestand.
Daran betreibe ich fast durchgängig den Kühlschrank. Zusätzlich versorge ich damit diverse Küchengeräte.
Zusammen mit dem Camping-Gaskocher bleibt die Küche so auch bei Stromausfall funktionsfähig.
Betriebsüberlegungen für den Akku
Ganz oben erklärte ich, Solaranlage und Akku getrennt mit dem Stromnetz zu verbinden würde dem Solarteur eine Menge Probleme ersparen.
Dazu gehört die Frage, nach welchen Kriterien man denn den Akku fahren sollte:
Der Akku wird bei Sonnenschein geladen und ist betriebswirtschaftlich optimal dimensioniert, wenn er bis zum Morgen leer ist.
So kann man die maximale Menge an Energie darin speichern.
Ganz anders sieht das aus, wenn man sich auch um Stromausfälle sorgt: Dann will man immer noch einige Energie im Akku haben,
selbst wenn man dafür mehr Strom aus dem Netz beziehen muss. Dabei hat man viele Freiheitsgrade:
- Wenn der nächste Tag verspricht, sonnig zu werden, kann man den Akku gerne leer fahren.
- Im Winter könnte man sich darauf beschränken, nur die Notfall-Phase aus dem Akku zu betreiben.
Das spart schnell mal 1-2 kWh/Tag beim großen Wechselrichter.
Wenn die 10-kWp-Solaranlage bei stark bedecktem Himmel nur 5% der Nennleistung liefert, ist das ein Wort!
- Wenn Sturm und Starkregen angekündigt werden, lädt man den Akku vorher möglichst voll.
Vieles davon ließe sich heute sicher automatisieren. Es gibt viele Entwicklungen für intelligente Speichersysteme,
z.B. im Zusammenhang mit variablen Strontarifen. Die Frage ist aber, wie die mit einer Notfall-Phase harmonieren.
Den Akku meiner Notstromversorgung habe ich unter dem Gesichtspunkt dimensioniert, dass ich unter möglichst allen Umständen
0,5 kWh/Tag zur Verfügung habe. Bei bedecktem Himmel kann ich ein paar 100 Wh/Tag ernten, bei Nebel oder Regen praktisch nichts.
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