Katastrophenvorsorge: Beispiele für Bedrohungen Previous Katastrophenvorsorge Next Blackout (2): Warum so gefährlich?
DL4NO

 

Blackout (1): Wie kommt es dazu?


Ein Blackout ist ein großräumiger Stromausfall, der nicht innerhalb weniger Stunden endet. Ich rede hier nicht von den kleinen Zwischenfällen im Niederspannungs- oder Mittelspannungsnetz, wenn beispielsweise mal wieder ein Bagger ein Stromkabel beschädigt. Solche Vorfälle sind alltäglich und betreffen mal einen Straßenzug oder so. Meist sind sie innerhalb von Stunden beseitigt und es ist halt ärgerlich, wenn das Mittagessen nicht pünktlich auf dem Tisch steht.

Ich rede hier auch nicht vom Stromausfall in Berlin-Köpenick im Frühjahr 2020 [6], als 31 Stunden lang der Strom weg war: Dieses Ereignis legte natürlich viele Schwachpunkte offen, als beispielsweise ein Krankenhaus samt Intensivabteilung verlegt werden musste: Wer etwas brauchte, konnte sich aufs Fahrrad setzen und ein paar Kilometer weiter ganz normal einkaufen. Ich weiß auch nichts von einem Zusammenbruch der Wasserversorgung.

Kritisch wird es, wenn im Hochspannungsnetz plötzlich Unterbrechungen auftreten oder kritische Kraftwerke ausfallen. Das Stromnetz ist grundsätzlich nach dem Prinzip des einzelnen Fehlers aufgebaut: Wenn irgendwo eine einzelne Komponente ausfällt, darf das keinen Ausfall verursachen. Beispielsweise werden, zumindest in den Siedlungszentren, Stromnetze immer von zwei Seiten her eingespeist. Die Verteilleitungen enden beispielsweise nicht beim letzten Teilnehmer, sondern verlaufen von einer Umspannstation zur nächsten. So kann man die eine Umspannstation außer Betrieb nehmen, ohne dass die Verbraucher etwas merken.

Dabei ist das europäische Verbundnetz nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung: Je größer der Verbund ist, um so größere Probleme kann das System aushalten und hoffentlich wegstecken. Die 6 GW, die am 8. Januar 2021 plötzlich nicht mehr fließen konnten, entsprechen der Leistung von sechs großen Kraftwerksblöcken – egal ob AKW oder Braunkohle-Kraftwerke. Steinkohle-Kraftwerke sind meist etwas kleiner, weil man sie dezentraler bauen kann: Sie brauchen einen Fluss für die Kühlwasserversorgung und ggf. zum Anlanden der Kohle, und einen Gleisanschluss. Ein Kohlewaggon fasst 80 t Kohle und ein 500-MW-Steinkohlekraftwerk verbrennt etwa 140 t Kohle in der Stunde.

So entsteht ein Blackout

Wenn aber mehrere Probleme zusammen kommen, dann kommt es leicht zu einer Ausfallkette: Eine Komponente fällt aus oder muss sich abschalten. Das überlastet die nächste, die dann auch ausfällt – ein Dominostein nach dem anderen fällt. Dann zerfällt das europäische Verbundnetz in Segmente. Das passierte beispielsweise am 8. Januar 2021.

Wird diese Kette nicht frühzeitig gestoppt, werden Kraftwerke ihre Leistung nicht mehr los und müssen vom Netz gehen. Sehr viele Kraftwerke kann man auch nicht im Leerlauf betreiben, sondern muss sie mit Notkühlung herunterreißen. Große Teile des Verbundnetzes brechen zusammen, wir haben einen Blackout.

Anschließend ist es höchst kompliziert, das Netz wieder in Betrieb zu nehmen [76]: Nur recht wenige Kraftwerke sind schwarzstartfähig, d.h. sie haben z.B. einen Notstromdiesel, mit dem man eine Gasturbine starten kann. Die erzeugt dann den Strom, mit dem man das Kraftwerk wieder hochfahren kann – ein Vorgang, der bei einem wirklich kalten Kraftwerk eine Woche oder länger dauern kann. Erst danach speist dieses Kraftwerk Strom ins Netz, mit dessen Hilfe auch das Stromnetz überwacht und gesteuert und andere Kraftwerke hochgefahren werden können. Ich kannt mir auch vorstellen, dass man mit großen Wasserkraftwerken wie dem dem Walchensee-Kraftwerk das erste Kraftwerk hochfahren kann und die Kette dann weitergeht.

Irgendwann ist dann wieder so viel Strom da, dass man langsam die Verbraucher wieder anschließen kann. Das kann aber auch nur Schritt für Schritt passieren, weil ja überall die Lichter eingeschaltet sind, die Kühlschränke ihre Kompressoren eingeschaltet haben usw. – beim Einschalten gibt es erst mal einen großen Stromstoß.

Langer Rede kurzer Sinn: Ein großflächiger Stromausfall kommt plötzlich und dauert leicht mal 10 Tage. In diese Zeit geht in den betroffenen Gebieten wortwörtlich nichts mehr! Bis dann die ganze Logistik bis zum Supermarkt auch nur annähernd wieder funktioniert, geht wohl nochmals mindestens eine Woche ins Land.

  • Die zivile Telekommunikation fällt zum großen Teil sofort aus, weil ohne Strom am Router kein Festnetz mehr funktioniert.
  • Sofern die Mobilfunk-Feststationen überhaupt Batterien haben, sind die innerhalb weniger Stunden leer.
  • Aufzüge bleiben stecken, elektrisch betriebene Türen bewegen sich nicht mehr.
  • Heizungen fallen aus, weil sie zum Betrieb Strom brauchen – von der Steuerung bis zur Umwälzpumpe.
  • Irgendwelcher Handel ist ab sofort praktisch unmöglich: Keine Kasse funktioniert mehr und häufig genug funktioniert die Kasse sowieso nur im Zusammenhang mit der Konzern-Infrastruktur im Hintergrund. Bargeldloses Zahlen kann nur mit dieser Infrastruktur im Hintergrund funktionieren.
  • Tankstellen können ihre Kraftstoffe nicht mehr aus ihren unterirdischen Tanks in die Fahrzeuge pumpen. Innerhalb weniger Tage bricht der Verkehr zusammen.
  • Alle Verkehrsleit- und Uberwachungssysteme fallen sofort aus. Das Verkehrschaos ist komplett.
  • Die Trinkwasserversorgung wird häufig noch funktionieren, nur in den oberen Stockwerken von Hochhäusern nicht. Das größere Problem dürfte schnell das Abwasser werden: Kaum ein Abwassernetz kommt ohne Schöpfwerke aus und Kläranlagen haben einen großen Strombedarf.

Das sind Auswirkungen, die nur ganz kurzfristig ohne schwere Folgen bleiben. Sehr schnell ist jeder allein auf sich selbst angewiesen. Deshalb ist es wichtig, sich auf drei Wochen ohne Strom, ohne Einkaufsmöglichkeit, ohne Telefon und ohne Internet einzustellen.

TOP
Alexander von Obert * http://www.dl4no.de/thema/blackout1.htm
Letzte Änderung: 09.12.21 (1 neuer Link)


Startseite
Suche

Katastrophenvorsorge

Katastrophenvorsorge: Beispiele für Bedrohungen
Blackout (1): Wie kommt es dazu?
Blackout (2): Warum so gefährlich?
Blackout (3): Stromerzeugung
Blackout (4): Solarstrom
Blackout (5): Solarstrom-Praxis
Blackout (6): Informationsbeschaffung
Ohne vieeeeeel Speicher wird die Energiewende nichts
Katastrophenvorbereitung (1): Wie vorbereiten?
Katastrophenvorbereitung (2): Was und wie viel bevorraten?
Katastrophenvorbereitung (3): Ein Notfall-Kommunikationsplan
Katastrophenvorbereitung (4): Auswahl lizenzfreier Funkgeräte
Der BR-Faktenfuchs und der Blackout
Katastrophenhilfe mit Amateurfunk
Lagebeurteilung: Sinn und Aufgaben des Notfunks
Warnung vor Kurbellampen und Kurbelradios
Neuer Kühlschrank braucht nur 1/4 der Energie
Hinweise zum Laden von Lithiumakkus in Geräten
Akkus und Powerbanks lagern, nachladen
Ein Funkgeräte-Koffer
Notfunk für Funkamateure (1): Bestandsaufnahme
Notfunk für Funkamateure (2): Ein Stufenplan
Notfunk für Funkamateure (3): Winlink-Einsatz im Welfare-Traffic
Das neue DARC-Notfunkkonzept – Ein Wolkenkuckucksheim