Immer wieder gibt es Meinungsunterschiede, was die optimale Antennenlänge ist. Wie üblich: Es kommt darauf an...
Muss eine Antenne resonant sein?
Lassen wir mal Antennen beiseite, deren Funktion auf der Interferenz mehrerer Elemente beruht – also Yagis,
Phased Arrays und ähnliches. Konzentrieren wir uns also auf Dipole, Groundplanes und ähnliche Antennen.
Der eindeutige Vorteil einer resonanten Antenne ist in vielen Fällen die leichte Anpassbarkeit an den Sender. Es gibt
keinen Blindanteil, der zu kompensieren wäre. Ein resonanter Dipol hat einen Fußpunktwiderstand in der
Gegend von 50 Ω, was alle Anpassungsmaßnahmen erübrigt.
Das Anpassungs-Argument gilt aber in erster Linie für Dipole in der Grundresonanz und Groundplane-Antennen, deren Strahler
eine viertel Wellenlänge lang ist und deren Gegengewicht passend mitspielt – typischer Fall Triple-Leg.
Eine endgespeiste Antenne wird man tunlichst nicht in Halbwellenresonanz betreiben, weil sie dann extrem hochohmig
ist. Eine übliche Matchbox schafft das nicht. Anders sieht das bei einer Fuchs-Antenne aus, die über einen
Parallelschwingkreis gespeist wird. Das hat speziell im QRP-Betrieb den Vorteil, dass man die Antenne praktisch ohne
Gegengewicht betreiben kann. Denn schließlich fließt im Speisepunkt kaum Strom. Bei höheren Leistungen entstehen
an diesem Parallelschwingkreis aber hohe Spannungen, die mit Amateurmitteln nur noch schwer zu beherrschen sind.
Die beliebten endgespeisten Antennen mit 1:9-Balun sind
dagegen weder in Resonanz noch endgespeist: Der Antennenstrom fließt in aller Regel nur durch den Balun durch und dann
weiter im Mast oder im Außenleiter des Speisekabels. Sauber bekommt man diese Antennen nur, wenn man dem Antennenstrom
anderweitig einen Weg bereitet – etwa indem man den Balun nicht auf den alten Fernsehantennenmast auf dem Dach
montiert, sondern hinten im Garten und dann das Antennenkabel unterirdisch zum Shack führt. Oder man interessiert sich mal
dafür, wie eine Windom-Antenne funktioniert...
Antennenlänge und Strahlungsdiagramm
Die Strahlungsdiagramme eines Halbwellendipols und einer λ/4-Antenne kennt jeder Funkamateur aus der
Prüfungsvorbereitung. Schon zum Fortgeschrittenenprogramm gehört, dass ein 5/8 λ langer Strahler einer Groundplane
den höchsten Gewinn verschafft. Früher fuhren viele Funkamateure mit etwa 1,20 m langen Strahlern mit Federfuß durch die
Gegend. Diese Antennen wurden nicht in ihrer natürlichen Resonanz betrieben und hatten trotzdem einen besonders hohen
Gewinn.
Diese Federfußantennen sind allerdings aus der Mode gekommen – aus gutem Grund: Was nutzt auf UKW ein Antennengewinn,
wenn das Strahlungsmaximum unter vielleicht 30° in den Himmel strahlt? Deswegen nutzt man heute eher mehrere gestockte
λ/4-Strahler. Dieses Thema habe ich in dieser Website schon abgearbeitet. Der Federfuß war übrigens das Anpassungsglied: Die Verlängerungsspule kompensierte
die kapazitive Blindkomponente. Der Realteil der Funpuktimpedanz lang dann in der Nähe von 50 Ω. Eine
λ/4-Groundplane liegt ja im Allgemeinen unter 50 Ω.
Wir Funkamateure sind aber nicht die ersten, die an dieser Stelle Lehrgeld bezahlt haben. Schon in den 1930er Jahren stellten
die Rundfunkanstalten fest, dass ein 5/8-λ-Strahler eine schlechte Idee ist [2]. Dort ist die
erwähnte Steilstrahlung besonders ungeschickt, weil sie nachts von der Ionosphäre wieder reflektiert wird und mit der
Bodenwelle interferiert. Im äußeren Teil des Versorgungsgebietes führte das zu heftigem Fading.
Die Lösung fanden die damaligen Ingenieure aber auch ohne Antennensimulationsprogramme: Die beste Flachstrahlung erreichen
Groundplane-Antennen mit einem Strahler, der elektisch 190° lang ist – also etwa länger als Halbwellen-Resonanz.
Auch diese Antennen werden also nicht in natürlicher Resonanz betrieben.
Eines sollte aber immer klar sein: Einen vernünftigen Wirkungsgrad kann nur eine Antenne haben, die wenigstens eine halbe
Wellenlänge lang ist. Dabei verstehe ich aber die elektrische Länges des gesamten Systems, in dem der Antennenstrom fließt.
Hier kann ich nicht oft genug wiederholen: Antenne ist überall da, wo Antennenstrom fließt!
Fazit
Eine Kurzwellenantenne auf den Zentimeter genau einzumessen erspart viellecht etwas Anpasungsaufwand, aber mit dem
Antennenwirkungsgrad hat das wenig zu tun. Es gibt vielmehr bei vielen Anwendungen gute Gründe, eine nicht resonante
Antenne zu betreiben. Den Strom am Ende einer endespeisten Antenne muss man irgendwo hin entsorgen. Das kann ein Erdungssystem (Groundplane)
sein, eine Endkapazität oder ein weiteres Stück Leiter, der die Antenne dann auf Halbwellenresonanz (oder ein Vielfaches davon)
bringt.
In letzterem Fall ist es ziemlich egal, wo man die Antenne speist: Im Strombauch ist sie am niederohmigsten, an einem
anderen Punkt hat sie im Resonanzfall immer die gleiche Anschlussimpedanz (Windom). Mit der Stromverteilung hat das
erst mal nichts zu tun, wenn man auf der Speiseleitung keine Mantelwellen (unsymmetrische Ströme) hat.
Bei Groundplane oder Endkapazität verteilt man den Antennenstrom gleichmäßig in entgegengesetzte Richtungen –
bei einer Groundplane in alle Richtungen, bei einer Endkapazität in ein paar Richtungen. In allen Fällen heben sich die Felder
der Verschiebeströme auf, dieser Antennenteil strahlt also nicht – zumindest wenn man das Fernfeld betrachtet.
Literatur
- [2] McKibben. A.: Lisnagarvey and the Blaw-Knox mast
- In: "BBCeng.info - Recollections of BBC engineering from 1922 to 1997"
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