Zu den quälensten Problemen im Blackout gehört schnell die Ungewissheit:
Das Festnetztelefon fällt sofort aus, das Handy mit Glück erst ein paar Stunden später.
Einzelne Rundfunksender können vielleicht noch 1-2 Tage senden, dann sind die Tanks der Notstromaggregate leer.
Seit es in Deutschland keine Mittelwellensender mehr gibt, haben nur sehr wenige Rundfunksender eine Reichweite jenseits von 50 km
– oft genug bedeutend weniger.
Für einen normalen Stromausfall sollte ein Taschenradio mit Batterienbetrieb ausreichen.
Im Blackout wird wird es einsam: Wann gibt es wieder Strom? Wie geht es meiner Familie und meinen Freunden oder Kollegen?
Wie komme ich an Wasser? Es gibt aber weitere Möglichkeiten.
Batteriebetriebene Radios
Die meisten Radios hängen am Stromnetz. Sobald der Strom ausfällt, bleiben sie stumm.
Dann bleiben womöglich nur zwei Möglichkeiten: Das UKW-Radio im Handy oder das Autoradio.
Nicht alle Handys haben ein Radio, aber viele. Dafür braucht man einen Kopfhörer –
nicht unbedingt, um damit zu hören, sondern als Antenne.
Wenn das Handynetz und das eigene WLAN sowieso nicht mehr funktionieren,
sollte man das Handy in den Flugzeugmodus bringen. Das spart deutlich Strom.
Das Radio braucht in der Regel sehr wenig Strom.
Wer jetzt auf die Idee kommt, sich ein batteriebetriebenes Radio zu kaufen, sollte als erstes den nächsten Abschnitt lesen.
Informationsquelle Kurzwellen-Radio
UKW oder DAB+ haben nur sehr begrenzte Reichweiten. Auf Mittelwelle kann man kaum noch deutschsprachige Sender hören.
Aber auf Kurzwelle gelten komplett andere Regeln. Heute kann man Kurzwellensender stundenweise mieten.
Und die haben viele 1000 km Reichweite.
Beispielsweise richtete der BBC World Service nach dem Rückzug des westlichen Militärs aus Afghanistan innerhalb von Tagen
Sendungen in den beiden wichtigsten Landessprachen ein. Die wurden teilweise von Deutschland aus gesendet.
Ähnliches dürfte auch in einem Blackout in Mitteleuropa passieren.
Es ist also sinnvoll, ein Taschenradio mit Batteriebetrieb zu besitzen, das auch Kurzwellenbereiche hat.
Am wichtigsten ist dabei das 49m-Band, das früher auch als Europaband bezeichnet wurde
und wo auch Radio Luxemburg sendete. Das sind Frequenzen um 6 MHz.
Man sollte wissen, dass Frequenzen in aller Regel segmentweise an bestimmte Funkdienste zugewiesen werden.
Rundfunk ist einer davon, Seefunk, Flugfunk oder Amateurfunk sind andere.
Aus historischen Gründen bezeichnet man viele dieser Bänder nach ihrer Wellenlänge: größere Wellenlänge bedeutet niedrigere Frequenz.
Das Produkt aus Wellenlänge und Frequenz ist die Lichtgeschwindigkeit.
Die Kurzwelle nutzt die Eigenschaft bestimmter Schichten in der hohen Atmosphäre, für bestimmte Frequenzbänder wie ein Spiegel zu wirken.
So kommen Kurzwellensender um die Ecke der Erdkrümmung, obwohl sich elektromagnetische Strahlung eigentlich gerade ausbreitet.
Auch der Boden reflektiert, so dass auch mehrere Sprünge möglich sind und häufig genutzt werden.
Die Eigenschaften dieser Atmosphärenschichten in 100 bis 400 km Höhe sind von der Sonneneinstrahlung abhängig.
Hier wirken sich neben dem Zustand der Sonne auch Jahres- und Tageszeit aus. Deswegen wechseln Kurzwellensender häufig die Frequenz.
Nachts benutzen sie niedrigere Frequenzen, also 75m (3,95-4,0 MHz) oder 49m (5,8-6,2 MHz).
Tagsüber ist das 75m-Band kaum nutzbar, dafür kommen 41m (7,2-7,5 MHz) und 31m (9,4-10 MHz) dazu.
Es gibt noch höherfrequenze Rundfunkbänder, die sind aber für unsere Zwecke hier kaum interessant.
Damit ist auch umrissen, welche Frequenzbänder der Empfänger umfassen sollte. Am seltensten ist die Abdeckung des 75m-Bands.
Einfache Empfänger gibt es ab etwa 15 EUR.
So sehr viel mehr sollte man nicht ausgeben, denn mehr Elektronikaufwand bedeutet auch mehr Stromverbrauch.
Seit vielen Jahren habe ich das Radio im oberen Bild – das Bild habe ich 2003 gemacht.
Das Radio empfängt neben Mittelwelle und UKW die sechs Rundfunkbänder von 49m bis 15m.
Es nutzt drei AA-Zellen: zwei für das Radio und eine für die Uhr mit Wecker.
Mein kleiner Empfänger von oben ist schon lange nicht mehr Stand der Technik. So beschaffte ich den Empfänger im mittleren Bild für etwa 16 EUR.
Die Empfangsleistung ist vergleichbar.
Wer also für zwei Wochen Urlaub auf Malle ein möglichst kleines und leichtes Radio mitnehmen will, kann hier nicht viel falsch machen
– vorausgesetzt er kann zumindest Englisch. Das ist aber kein Fehler des Radios, sondern der
deutschen Politik:
auf Mittel- und Kurzwelle gibt es kaum noch deutschsprachige Sendungen. Und schon gar keine, deren Redaktion in Deutschland sitzt.
Wer allerdings ein Radio für den Katastrophenfall sucht, sollte ein altmodisches, rein analoges Radio mit richtigem Einschalter
kaufen: Der RK702 läuft mit zwei AA-Zellen und braucht, ohne Lautsprecher, 6 mA. Das digitale Radio in der Mitte braucht im Minimum 60 mA
aus drei AAA-Zellen. Der mechanische Schalter des RK702 trennt die Batterien vollständig ab,
während das digitale Radio mit seinem Ein/Austaster noch mindestens 60 µA zieht.
Multipliziert man diese 60 µA mit den 8760 Stunden des Jahres, kommt eine halbe Amperestunde heraus.
Nach zwei Jahren sind die drei AAA-Zellen also tot, ohne dass das Radio je eingeschaltet war.
Wer denkt denn zuverlässig daran, nach Gebrauch die Batterien aus dem Gerät zu nehmen?
Komplett ohne Stromentnahme, wie beim RK702, kann man das Radio fünf Jahre in die Schublade legen und dann einfach einschalten.
Zugegeben: Die Batterie für die Uhr im RK702 ist dann auch tot. Aber deswegen kann man noch immer Radio hören.
Allerdings sind moderne analoge Kurzwellenradios wohl meist keine gute Lösung,
wie beispielsweise das unterste abgebildete Gerät:
Intern ist das ebenfalls ein SDR (software-defined radio) auf Basis des integrierten Bausteins KT0937M –
wer den nötigen Durchblickerlehrgang hat, dürfte beim Lesen des Datenblatts ein paar Aha-Erlebnisse haben.
Einmal braucht es viel mehr Strom als mein wirklich analoges Radio ganz oben (30 statt 6 mA).
Außerdem ist es auf Kurzwelle extrem schwer abzustimmen. Erst glaubte ich an einen Wackelkontakt,
bis ich das erwähnte Datenblatt studierte: Das Gerät stimmt auf Kurzwelle in 5-kHz-Schritten ab.
Da springt man sehr schnell über die richtige Frequenz drüber und landet auf dem Nachbarkanal.
Dagegen waren die 6-Transistor-Taschenradios aus dem 1960er und 1970er Jahren leicht abzustimmen.
Immerhin hat das Radio einen richtigen, mechanischen Einschalter.
Für die Techniker: Die Vorselektion dieses Radios besteht aus einem Tiefpass 2. Ordnung
mit einer Grenzfrequenz oberhalb des UKW-Bereichs. Immerhin gibt es einen Überspannungsschutz.
Falls ein Nachbar so ein Radio betreibt, wird er meine Kurzwellen-Aktivitäten garantiert hören –
trotz meiner maximal 10 W Sendeleistung. Wehe, er beschwert ich über meine Funkstörungen...
In Kontakt bleiben mit lizenzfreien Funkgeräten
Viele wollen auch mit der Nachbarschaft in Kontakt bleiben.
Für pflegebedürftige Nachbarn dürfte das besonders wichtig sein, denn ohne Telefon funktioniert auch ihr Notfallknopf nicht mehr.
Spätestens wenn es draußen dunkel und unsicher wird, werden sich viele nicht mehr aus dem Haus trauen.
Im Prinzip gibt es drei Frequenzbänder, auf denen man ohne vorherige Erlaubnis (Lizenz) Funkgeräte betreiben darf.
- 11m (CB-Funk bei 27 MHz): Diese Technik hatte ihren Höhepunkt in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Heute nutzen wohl nur noch LKW-Fahrer aus Ost- und Südosteuropa entsprechende Geräte, weil sie so die größten Reichweiten erzielen können.
Die Antennen sind relativ lang, wie man auf der Autobahn an den Fahrzeugen sehen kann.
- 2m (Freenet bei 149 MHz, eine rein deutsche Spezialität): Dieser Frequenzbereich wird recht wenig benutzt,
eben weil man diese Geräte nur in Deutschland betreiben darf. Entsprechend ist die Geräteauswahl begrenzt.
Das kann man als Vorteil sehen: Es hören im Ernstfall weniger Leute zu und es dürfte weniger Störungen geben.
Die Reichweite ist deutlich geringer als beim CB-Funk, aber die Antennen können viel kürzer sein.
Hier höre ich z.B. Funkverkehr eines Logistikzentrums in der Nähe.
- 70cm (PMR auf 446 MHz): Geräte für dieses Band können innerhalb der EU genutzt werden. Die Preise starten bei etwa 15 EUR.
Viele dieser Geräte sind als Spielzeug für Kinder gedacht und entsprechend gestaltet, z.B. quietschbunt.
Der Funkverkehr ist oft entsprechend. Diese Geräte sind wohl am weitesten verbreitet. Das kann man auch als Problem sehen:
Im Ernstfall viel Funkverkehr und noch mehr Zuhörer.
Eines muss jedem Nutzer solcher Funkgeräte klar sein: Es gibt keinen Datenschutz und kein Fernmeldegeheimnis.
Am Dorf weiß sowieso jeder alles von allen. Aber in der Stadt ist das ein klares Problem.
Wenn man sich mit Nachbarn auf solche Funkgeräte einigt, dann sollte man auch Sprachregelungen festlegen.
So sollte man im Ernstfall alles vermeiden, was auf bestimmte Personen oder Standorte schließen ließe.
Für meine Nachbarschaft habe ich einige Funkgeräte-Koffer (eher Kästchen) gebaut.
Die bleiben bei mir, damit ich z.B. die Akkus pflegen kann.
Im Ernstfall reiche ich den entsprechenden Nachbarn schnell eines der Kästchen rein, auf dass wir in Kontakt bleiben können-
Hilfe durch Funkamateure
Bei uns ist dieser Weg kaum bekannt, aber in Katastrophenfällen erlaubt:
Funkamateure können Informationen auch über große Entfernungen übertragen.
In den Weiten der USA ist es gar nicht so selten, dass der lokale Rundfunksender auf Mittelwelle durchgibt:
Die 911 (bei uns 112) im County (Landkreis) XX ist gestört. Hier kommt eine Liste von Funkamateuren, die Ihren Notruf weiterleiten können...
Auf den Philippinen beispielsweise ist der Hilfseinsatz der Funkamateure in Katastrophenfällen wie Wirbelstürmen lange eingespielt.
Funkamateure müssen eine Prüfung ablegen und bekommen dann von der zuständigen Behörde (bei uns Bundesnetzagentur)
ein weltweit eindeutiges Rufzeichen zugeteilt. Meines ist DL4NO, daher auch die Domain dieser Website.
Viele von uns haben spezielles Wissen, das gerade in Notfällen hilfreich sein kann.
Das beginnt beim Einrichten von Funkgeräten (siehe oben) und endet sicher nicht beim Empfang von Rundfunksendern auf Kurzwelle.
Niemand zwingt einen Funkamateur, bestimmte Gerätschaften vorzuhalten.
Aber ich beispielsweise habe eine Solar-Notstromversorgung und die passende Ausrüstung,
um auch im Blackout Mails zu versenden und zu empfangen.
Im Zweifelsfall mache ich das über Gegenstationen in Südwest-Frankreich, Norwegen oder Moskau.
Wir Funkamateure sind eine internationale Bruderschaft.
Es muss aber nicht unbedingt über so weite Entfernungen sein:
Unsere Einrichtungen sind vergleichsweise primitiv und klein.
So können wir auch dann noch funken, wenn die Behördennetze wegen leerer Dieseltanks von Notstromaggregaten oder weggerissener Kabel
schon lange außer Betrieb sind [30].
Die Ersatzanlagen in den Überflutungsgebieten im Sommer 2021 funktionierten nur, weil zwar lokal die Infrastruktur zerstört war,
es aber keinen großflächigen Blackout gab.
Nachdem viele Funkamateure von ihrer Nachbarschaft angefeindet
oder von der Hausverwaltung ausgebremst werden,
betreiben viele ihr Hobby für die Nachbarschaft unsichtbar – auch wenn eine vernünftige Antenne schon schön wäre.
Dafür, dass wir uns freiwillig einer Menge Strahlung aussetzen, ist unsere Lebenserwartung aber recht bemerkenswert.
Die Nachbarn solcher Funkamateure müssen im Ernstfall eben auf unsere Hilfe verzichten,
denn die betreffenden Funkamateure haben keine leistungsfähige Funkanlage und wollen sich auch nicht outen.
Sie müssten es hinterher büßen.
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