Der Amateurfunk hat Wurzeln im Notfunk
und leitet auch daraus seine Daseinsberechtigung ab:
Es gab schon viele Katastrophenfälle, in denen Funkamateure Leben gerettet haben.
In Deutschland gab es aber seit Sturmflut 1962 nur noch wenige Einsätze. In weniger entwickelten Flächenstaaten sieht es
deutlich anders aus.
Über viele Jahrzehnte sah der deutsche Amateurfunkverband Notfunk nur durch die Brille Unterstützung der offiziellen
Hilfsdienste (BOS). Das war schon immer Scheuklappen-Denken, denn alle einschlägigen Bestimmungen
(VO Funk, Amateurfunk-Gesetz, Ausführungsbestimmungen dazu) kennen diese Verengung nicht.
Die entscheidende Bestimmung ist die Aufhebung des Drittenverkehrs-Verbotes in Not- und Katastrophenfällen:
Unter normalen Umständen dürfen wir nur Informationen von Funkamateuren an andere Funkamateure weitergeben.
Weitergehende Informationen sind über die Navigationsleiste links zugänglich.
Die analoge Zeit
Der zentrale Schwachpunkt im Funk der Hilfsdienste war früher die analoge Funktechnik.
Jede Dienststelle bekam ihre sorgfältig geplante Funkinsel,
damit sie ihren Funkbetrieb ungestört abwickeln konnte.
Hier waren Funkamateure als Brücken zwischen diesen Inseln wichtig.
Dafür musste man als Funkamateur Meldungen fehlerfrei und zuverlässig per Sprechfunk übermitteln können.
Neue Randbedingungen in der digitalen Zeit
Mittlerweile gibt es digitale Funknetze für Behörden und sonstige, offizielle Hilfsdienste.
Neben dem bundesweiten TETRA-Netz gibt es geschlossene Mobilfunknetze,
von denen das Eisenbahnnetz das bekannteste ist.
Hier kann man problemlos Querverbindungen zwischen verschiedenen Diensten einrichten.
Unsere frühere Brückenfunktion ist deshalb überflüssig – zumindest so lange die Digitalnetze funktionieren.
Die Einstellung von THW, Feuerwehren, Polizei, Rotem Kreuz usw. gegenüber dem Amateurfunk ist deshalb
sehr oft abwehrend. Ich kann auch jeden THW-Zugführer verstehen, der im Einsatz niemanden in der Nähe haben will,
der keine THW-Grundausbildung genossen hat.
Das ist natürlich bekannt, wird aber ganz offensichtlich ignoriert.
So bauen Funkamateure immer noch Notfall-Funkkoffer, die für solche Einsätze optimiert sind.
Solche Initiativen werden wohl ins Leere laufen, bis die letzten TETRA-Stationen mangels Notstrom-Diesel verstummen.
Wir Funkamateure sollten uns deshalb auf die Unterstützung der Bevölkerung konzentrieren,
deren Bedürfnisse im offiziellen Katastrophenschutz kaum vorkommen.
Kein analoges Telefonnetz mehr
Bis zur Einführung von ISDN in den 1990er Jahren funktionierte jeder normale Telefonanschluss rein analog
und wurde von der Ortsvermittlung her mit Strom versorgt. Damit auch jedes Telefon im Notfall funktionierte,
wurden die Telefone sehr lange und zwangsweise fest angeschlossen. Die Ortsvermittlungen hatten eigene Batterieräume,
damit das Telefonnetz auch bei Stromausfällen weiter funktionierte.
Bei einem ISDN-Anschluss konnte ein Telefon weiter von der Ortsvermittlung mit Strom versorgt werden.
Bei Stromausfall waren also immer noch Notrufe möglich. Diese Möglichkeit entfiel,
als das Telefonnetz ins Internet integriert wurde. Heute ist bei einem Stromausfall fast jedes Festnetz-Telefon tot,
weil es über den Router des Teilnehmers betrieben wird.
Mobilfunk ist keine Alternative
Die Mobilfunknetze sind im Notfall aber keine Alternative:
Sehr viele Feststationen haben keine ausreichende Notstromversorgung. Sofern sie überhaupt über Batterien verfügen,
reichen die nur für wenige Stunden Betrieb. Nur eine Minderheit hat einen Notstromgenerator,
dessen Diesel-Vorräte aber nur für wenige Tage reichen.
Zusätzlich ist davon auszugehen, dass bei einem Stromausfall sehr viele Menschen ihre Handys nutzen werden.
Es ist also mit Zusammenbrüchen der Mobilfunknetze zu rechnen.
Was können Funkamateure heute tun?
Als erstes müssen wir uns von der Fixierung auf die Hilfsdienste (BOS) lösen.
Analogfunk hat nur so weit eine Berechtigung,
als fast jeder Funkamateur dafür ausgerüstet ist und es viele Relaisstationen gibt.
Der Analogfunk hat das zentrale Problem, dass er nur mit einem Funkamateur an der Station funktioniert.
Im Digitalfunk kann vieles unbeaufsichtigt funktionieren.
Ich schlage deshalb als erste Maßnahmen vor:
- Jeder Funkamateur sollte angeregt werden, allgemeine Katastrophenvorsorge zu betreiben.
Nur wer vorbereitet ist, kann auch anderen helfen.
Dazu biete ich in dieser Website diverse Anregungen.
- Jeder Funkamateur sollte ein paar weitere Maßnahmen ergreifen.
So sollte er genug Strom speichern können, dass er für wenigstens 20 Tage
auf Bereitschaft sein kann. Bei insgesamt einer Stunde Betrieb am Tag geht es also
um genügend Strom für 20 Stunden Betrieb. Bei einem Handfunkgerät reicht dafür ein Akku der 20-EUR-Klasse,
ggf. mit einem Spannungswandler.
- Funkamteuere sollten sich in ihrer unmittelbaren Umgebung engagieren und ihre speziellen Kenntnisse anbieten.
Ja, das erfordert das Bohren dicker Bretter: Jeder Bürgermeister wird lieber den neuen Maibaum einweihen
als sich mit Katastrophenvorsorge zu beschäftigen.
Auf einer solchen Basis kann man dann konkrete Maßnahmen planen.
Das beginnt mit Workshops zum Umgang mit PMR-Funkgeräten für die Bürger,
die man zusammen mit Feuerwehr oder Volkshochschule veranstaltet.
Man kann die BBK-Broschüre unters Volk bringen,
indem man sie bei Apotheken, im Rathaus und allen anderen Gelegenheiten auslegt.
Irgendwann kommt man vielleicht in die Lage,
der eigenen Gemeinde bei der Konzeptfindung für Resilienzmaßnahmen zu helfen.
Man kann sich auch in seiner unmittelbaren Nachbarschaft engagieren.
Ich halte beispielsweise einige
PMR-Funkkoffer vor,
deren Akkus ich alle 6 Monate nachlade. Teilweise wissen die Bedachten so gut wie nichts von meiner Initiative,
weil sich kaum jemand der Möglichkeit von Katastrophen auseinandersetzen mag.
Ich will das gut-nachbarschaftliche Verhältnis nicht riskieren.
Im Ernstfall werde ich niemanden mehr überzeugen müssen.
Aller sonstige Funk sollte digital abgewickelt werden.
Bereitschaftsdienste werden so weitgehend überflüssig.
Der Funkamateur geht im Ernstfall regelmäßig an die Station und sieht nach dem Rechten.
Die Station fährt zu vorgegebenen Zeiten hoch und gibt ggf. Alarm.
Informationen werden automatisch fehlerfrei übertragen und in digitaler Form weitergegeben.
Und wenn man sie dem Empfänger über ein PMR-Funkgerät und Sprachausgabe vorliest.
Welfare-Traffic
Wenn wir uns in Notfällen in den Dienst der Allgemeinheit stellen wollen,
können wir das vorzugsweise auf zwei Wegen tun, die wir aber lange vor dem Ernstfall gehen müssen:
- Wir helfen unserer Umgebung bei der internen Kommunikation,
z.B. bei der Beschaffung und Konfigurtion von PMR-Funkgeräten und mit Einweisungen.
- Wir schaffen Wege aus dem schwarzen Informationsloch, das jeder Stromausfall erzeugt.
Dafür gibt es viele Wege, vom Kurzwellenradio über die Handfunke bis zur Email-Übertragung per Winlink.
Ich rede hier nicht von den alltäglichen, kleinräumigen und kurzzeitigen Stromausfällen –
das sind ganz normale Alltagsereignisse, mit denen jeder selber klarkommen muss.
Ich rede von großflächigen, länger dauernden Stromausfällen. Was dann passiert,
konnte man vor einigen Jahren in Berlin Köpenick sehen,
als in einem Stadtteil von Berlin für 32 Stunden der Strom ausfiel.
Mit "Stromausfall Köpenick" findet man bei Youtube viele Beiträge aus diversen Quellen.
Über das nächste FM-Relais kann man ggf. schon viel erreichen.
Dazu muss diese Infrastruktur aber mit ausreichend Notstrom ausgerüstet sein.
Das halte ich für die zentrale Aufgabe des DARC im Rahmen des Notfunks.
Beispielsweise Anhänger mit den Gerätschaften für 20 AREDN-Accesspoints und Handys auszurüsten
ist meiner Meinung nach vollständig sinnfrei:
- Damit kann nur ein begrenzter, geschulter Personenkreis umgehen.
- Eine Kernmannschaft muss ständig in Rufbereitschaft sein.
Das ist eine zentrale Forderung der BOS-Dienste:
Das Angebot muss jederzeit, einfach und in genau definierter Form verfügbar sein.
- Die Anhänger sind womöglich mehrere 100 km vom Einsatzort entfernt.
Wie kommen sie während einer Katastrophe überhaupt zum Einsatzort?
Zum Vergleich: Der DARC hat über 1000 Ortsverbände.
Alles, was ein OV aufbaut, ist bereits vor Ort.
- Im 2,3-GHz-Bereich oder noch höher funktionieren ausschließlich Funkstrecken mit optischer Sicht.
Oder noch strenger: Mit freier 1. Fresnelzone. So etwas kann man nicht spontan aufbauen!
Mit einer kleinen Mannschaft schon garnicht.
BOS ganz abschreiben?
Ich sehe eine Gelegenheit, wann die BOS-Dienste auf uns zukommen:
Wenn ihre eigene Kommunikations-Infrastruktur aus Energiemangel zusammenbricht.
Es gibt auch innerhalb der BOS-Dienste die Einsicht, dass das relativ leicht passieren könnte.
Deshalb wird an vielen Orten versucht, die alte Analogtechnik funktionsfähig zu erhalten.
Da passiert oft gegen den ausdrücklichen Willen der Politik.
Meines Wissens braucht eine einfache TETRA-Feststation etwa 3 kW Strom.
Notstromgeneratoren haben meist Dieselvorräte für 2-3 Tage.
Ich habe so meine Zweifel, dass bei einer großflächigen Katastrophe die Dieselversorgung funktioniert.
Und was macht man bespielsweise bei einer zentralen Relaisstion auf einem Berg,
wenn ein Sturm zahlreiche Bäume umgeworfen hat?
Meine Forderung ist deshalb, eine spezielle Stärke des Amateurfunks auszuspielen:
Wir arbeiten mit kleinen Anlagen, die wenig Strom brauchen.
Typisches Beispiele:
- Mit 3000 EUR und einigen Stromsparmaßnahmen kann man ein FM-Relais bis zu 20 Tage netzunabhängigen Betriebs ertüchtigen.
- Mit einem Akku für 20 EUR und einem Handfunkgerät ist man für 20 Tage Bereitschaftsbetrieb ausgerüstet.
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